Thursday, February 16, 2012

EuGH: soziales Netzwerk ist Hosting-Anbieter, darf nicht zu generellem Filtersystem verpflichtet werden

Im heute verkündeten Urteil des EuGH in der Rechtssache C-360/10 Belgische Vereniging van Auteurs, Componisten en Uitgevers (SABAM) ging es um die Zulässigkeit einer gerichtlichen Anordnung an Hosting-Provider, generell und präventiv ein System einzurichten, das den größten Teil der auf ihren Servern gespeicherten Informationen filtert, um den Austausch von bestimmten musikalischen, filmischen oder audiovisuellen Werken zu blockieren.

Die Vorlagefrage des (erstinstanzlichen) belgischen Gerichts ging in dieselbe Richtung wie im Fall C-70/10 Scarlet Extended (dazu hier), der wesentliche Unterschied war aber, dass im nun entschiedenen Fall die Rechteinhaber (SABAM ist eine belgische Gesellschaft von Urheberrechteinhabern) nicht gegen einen Internetzugangsanbieter (wie Scarlet Extended) vorgegangen waren, sondern gegen ein soziales Netzwerk (netlog).

Der EuGH hielt fest, "dass ein Betreiber einer Plattform für ein soziales Netzwerk im Internet – wie Netlog – auf seinen Servern Informationen speichert, die von Nutzern dieser Plattform eingegeben werden und mit ihrem Profil in Zusammenhang stehen, und dass er somit ein Hosting-Anbieter im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31 ist."

Im weiteren folgt das Urteil praktisch wörtlich dem Urteil in der Rechtssache C-70/10 Scarlet Extended und kommt daher auch zum Ergebnis, dass die Richtlinien 2000/31/EG (E-Commerce RL), 2001/29/EG (Urheberrecht-HarmonisierungsRL) und 2004/48/EG (Urheberrecht-DurchsetzungsRL) bei einer Gesamtbetrachtung und einer Auslegung im Hinblick auf die sich aus dem Schutz der anwendbaren Grundrechte ergebenden Anforderungen, dahin auszulegen sind, dass sie der Anordnung eines nationalen Gerichts an einen Hosting-Anbieter entgegenstehen, ein System der Filterung
  • der von den Nutzern seiner Dienste auf seinen Servern gespeicherten Informationen, 
  • das unterschiedslos auf alle diese Nutzer anwendbar ist, 
  • präventiv, 
  • allein auf eigene Kosten und 
  • zeitlich unbegrenzt 
einzurichten, mit dem sich Dateien ermitteln lassen, die musikalische, filmische oder audiovisuelle Werke enthalten, an denen der Antragsteller Rechte des geistigen Eigentums zu haben behauptet, um zu verhindern, dass die genannten Werke unter Verstoß gegen das Urheberrecht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Update: siehe zu diesem Urteil auch die Besprechung von Simon Möller bei Telemedicus sowie die Besprechung von Enrico Bonadio

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