Tuesday, November 06, 2007

Vorurteilsfreies Zuhören, demnächst unter Tel.Nr. 116123

Ein zentraler "Notruf" zur Sperre von Bankomat-, Kredit- oder SIM-Karten - in Deutschland unter der Telefonnummer 116116 erreichbar - wird offenbar gemeinschaftsweit noch nicht als "Dienst von sozialem Wert" gesehen: denn obgleich er in der zu den 116er-Nummern erfolgten Konsultation der Kommission ausdrücklich als eines von zwei Beispielen genannt war, hat er keinen Eingang in die nun vorliegende Entscheidung der Kommission vom 29.10.2007 zur Reservierung weiterer mit 116 beginnender Rufnummern gefunden.

Die Entscheidung ergänzt bzw. ändert die erste Entscheidung vom 15.2.2007, mit der eine Notrufnummer für vermisste Kinder eingeführt wurde (siehe dazu schon hier, hier und hier). Neu sind nicht nur die zwei neuen Rufnummern - 116111 (Hotlines für Hilfe suchende Kinder) und 116123 (Hotlines zur Lebenshilfe) -, sondern auch nähere Beschreibungen der Dienste und dafür geltende "besondere Bedingungen". So wird für die Hotline für vermisste Kinder erstmals klargestellt, dass dieser Dienst ständig erreichbar sein muss ("alle Tage rund um die Uhr, landesweit"). Erstmals wird in der Entscheidung auch festgelegt, was der Dienst bieten muss:

"Der Dienst: a) nimmt Meldungen über vermisste Kinder entgegen und leitet sie an die Polizei weiter; b) berät und unterstützt die für vermisste Kinder verantwortlichen Personen; c) unterstützt die Untersuchung."
Ein "Hotline für Lebenshilfe" wiederum
"bietet dem Anrufer einen menschlichen Ansprechpartner, der ihm vorurteilsfrei zuhört. Er leistet seelischen Beistand für Anrufer, die unter Einsamkeit leiden, eine Lebenskrise durchmachen oder Suizidgedanken hegen."

Das klingt nicht nur nach Telefonseelsorge, das ist im Wesentlichen Telefonseelsorge. Nach den Angaben der Vereinigung von Telefonsseelsorgediensten INFOTES im Rahmen der Konsultation hat auch die österreichische Telefonseelsorge ihr Interesse bekundet, sich für die einheitliche Nummer zu bewerben. Noch konkreter ist die Angelegenheit bei den Hotlines für Hilfe suchende Kinder, hier gibt es nämlich auch schon ein Schreiben des ORF, der die "Rat auf Draht"-Hotline betreibt, mit dem Commitment, die einheitliche Nummer zu beantragen. Damit dürfte jedenfalls diesen Nummern das Schicksal der 116000-Nummer erspart bleiben, die in Österreich derzeit mangels Interesse noch nicht zugeteilt ist.

Interessant ist, dass sowohl die Lebenshilfe- als auch die Kinderhilfe-Hotlines nach der Entscheidung der Kommission ihren Dienst nicht rund um die Uhr anbieten müssen (in diesem Fall müssen aber "Anrufern die nächsten Sprechzeiten angesagt werden.")

Da nicht zu erwarten ist, dass die Diözesen (als Betreiber der Telefonseelsorge) und ORF ihre bestehenden Notrufnummern (142 und 147) aufgeben werden, wird es dann wohl zu einem Nebeneinander zwischen "echten Notrufen" und "Diensten von sozialem Wert" kommen, auch wenn teilweise hinter den unterschiedlichen Nummern dieselben Dienste erbracht werden. Für die Klienten dieser Dienste mag es egal sein, ob sie 147 oder 116111 wählen, wenn man dahinter jeweils zum "Rat auf Draht"-Dienst des ORF gelangt. Sowohl für die Telekom-, als auch für die Notruf-/Hotline-Betreiber aber kann die Unterscheidung wegen der unterschiedlichen Rechtsvorschriften durchaus kritisch sein: immerhin sind die 116er-Nummern zwar für die Anrufenden gratis, aber sonst zielnetztarifiert, und sie unterliegen generell anderen rechtlichen Regelungen (§§ 24a bis 24i KEM-V) als "echte Notrufnummern" (§ 20 TKG 2003, §§ 16 bis 19a KEM-V).

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