Wednesday, July 21, 2010

Drei TKG-Novellen: einmal wirklich, einmal angekündigt, einmal (fast) vergessen

1. Verwirklicht: TKG-Novelle im ORF-Gesetz
Mit dem "neuen ORF-Gesetz" - wie die am 19.7.2010 kundgemachte Novelle zu insgesamt 8 Gesetzen in den Medien meist kurz genannt wird - wurde auch das Telekommunikationsgesetz (TKG) geändert. Entgegen dem Regierungsabkommen kommt es freilich nicht zur Integration auch der Telekomangelegenheiten in die neue KommAustria (aber einen Menschen, der ernsthaft an diese Ankündigung geglaubt hat, muss ich erst einmal finden); die Änderungen betreffen im Wesentlichen verfahrenstechnische Details, insbesondere auch zur leichteren Abwicklung von Verfahren mit vielen Parteien. Gegenüber der Regierungsvorlage (siehe dazu schon meinen früheren einschlägigen Beitrag) wurde die TKG-Novellierung - abgesehen von der Korrektur eines Redaktionsversehens - nicht geändert. Auch die TKG-Änderungen treten erst am 1. Oktober 2010 in Kraft.

2. Geplant: Maßnahmen gegen unerbetene Werbeanrufe 
Kaum war diese Novelle beschlossen, hat das BMVIT schon einen Entwurf für eine weitere Änderung des TKG in Begutachtung geschickt: das "Bundesgesetz über Maßnahmen gegen Unerbetene Werbeanrufe" soll den Schutz gegen "cold calling" in § 107 TKG 2003 weiter ausbauen. Werbeanrufe sollen demnach nur mehr nach ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung des Teilnehmers erfolgen dürfen (bisher wurde auch eine mündliche oder schlüssige Einwilligung akzeptiert). Bemerkenswert ist das im Entwurf vorgesehene automatische Erlöschen einer Zustimmung nach Ablauf von drei Jahren. Ist Gefahr im Verzug und die Forsetzung der cold calls wahrschehinlich, kann das Fernmeldebüro auch eine vorläufige Rufnummernsperre aussprechen; bei Verurteilung ist die Nummer endgültig zu sperren, was demnach einer Art "Nebenstrafe" nahekommt. Das scheint mir insofern ein wenig unsystematisch, als die Rufnummernverwaltung im Übrigen von der RTR gemacht wird, aber die Entwurfsverfasser sahen die größere Sachnähe wohl bei den Fernmeldebüors als Strafbehörden.

Neben der TKG-Novelle sind - vom Justizministerium - auch im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) Änderungen im Zusammenhang mit unerbetener Werbung geplant (zum Begutachtungsentwurf). Kommt ein Vertrag "während eines gemäß § 107 Abs. 1 TKG 2003 unzulässigen Anrufs zustande", so soll generell ein Rücktrittsrecht bestehen; die Rücktrittsfrist soll jedenfalls erst mit Erhalt einer Vertragsurkunde samt Informationen über die Zahlungspflichten (schriftlich oder auf dauerhaftem Datenträger) beginnen

Was von diesen beiden Entwürfen umgesetzt wird, ist - schon angesichts der Sommertheater-reifen innerkoalitionären Streitigkeiten darüber (zB hier, hier, hier, hier, hier und hier) - noch nicht abzusehen. Ich würde darauf wetten, dass zumindest das automatische Erlöschen einer Zustimmung nach drei Jahren nicht Gesetz wird.

Als kleines PS zu den Werbeanrufen: ob unerbetene Anrufe von Politikern (in automatisierter Form) als Werbeanrufe gelten, wurde in Österreich noch nicht ausjudiziert: die nach einer entsprechenden "Umfrage"-Aktion im Jahr 2008 über "die Wiener SPÖ" (richtig wohl: über einen Verantwortlichen der Wiener SPÖ) verhängte Geldstrafe wurde nach Berufung vom UVS Wien "kassiert" und das Verfahren eingestellt (die Entscheidung ist nicht veröffentlicht, die Medienberichte sind ungenau; in der Wiener Zeitung heißt es: "Nähere Gründe werden in dem Bescheid keine genannt"). Im UK werden Anrufe von Politikern als unerbetene Werbeanrufe beurteilt: der dafür zuständige Information Commissioner hat jüngst "ordered Labour to ensure that no further automated direct marketing calls are made without consent, warning that failure to comply would be a criminal offence which could lead to prosecution." (siehe zB hier und hier)

3. Vorratsdaten: zwei Entwürfe, noch immer keine Regierungsvorlage - und kommende Woche die Verurteilung durch den EuGH
Österreich ist mit der Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten (RL 2006/24) säumig. Zwar gab es im vergangenen September einen neuen (zweiten) Entwurf, der auch in  Begutachtung gegangen ist (Übersichtsseite, Gesetzestext, Vorblatt, Erläuterungen). Eine Regierungsvorlage gibt es allerdings noch immer nicht - offensichtlich wollte man zunächst einmal die Verurteilung durch den EuGH abwarten. Diese steht in der kommenden Woche bevor (C-189/09 Kommission / Österreich, Urteilsverkündung am 29. Juli 2010).

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