"Den Rundfunk als ein Informationsmittel anzusehen hieße, ihn auf seinen charakteristischsten Aspekt zu reduzieren und dabei andere von größerer Tragweite zu übergehen, die sich aus der soziokulturellen Bedeutung ergeben, die er im Lauf seiner Geschichte gewonnen hat. In den westlichen Gesellschaften scheint die Verbindung dieser Kommunikationssysteme mit dem erreichten materiellen Wohlstand die römische Maxime panem et circenses wieder aufleben zu lassen, mit der sich der lateinische Dichter Juvenal über den anpassungsfähigen Müßiggang des römischen Volkes und sein Desinteresse an politischen Angelegenheiten lustig machte. Man könnte diesen Ausspruch auf heute übertragen, indem man das Brot durch Komfort und die römischen Zirkusspiele durch das Fernsehen ersetzt."
In der Sache geht es um die (vergaberechtliche) Frage, ob die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als "öffentliche Auftraggeber" anzusehen sind. Zusammengefasst und vereinfacht lautet die Antwort des Generalanwalts auf diese Frage: ja. Interessant sind die Ausführungen aber nicht nur im Hinblick auf das Vergaberecht, sondern auch zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schlechthin, zumal die Rundfunkanstalten auch eine Analogie zum Beihilfenrecht ziehen wollten. Diese Analogie sieht der Generalanwalt jedoch nicht: "öffentlicher Auftraggeber" kann auch sein, wer nicht durch Zahlungen "aus staatlichen Mitteln" finanziert wird (RNr. 36).
Der Generalanwalt rechnet das Rechtsverhältnis zwischen dem Besitzer eines Fernseh- oder Radiogeräts und den Rundfunkanstalten dem öffentlichen Recht zu (RNr. 46), und er sieht auch im mit den Gebührengeldern produzierten Programm keine Gegenleistung für die Zuseher/Zuhörer oder den Staat (RNr. 56-60).
Die Argumentation des Generalanwalts kann nicht ohne Weiteres auf Österreich umgelegt werden, da sich das System der Rundfunkfinanzierung doch in einzelnen Punkten unterscheidet; insbesondere wird die Höhe des Programmentgelts in Österreich nicht von unmittelbar staatlichen Stellen festgelegt (wie dies in Deutschland der Fall ist, vgl RNr. 53 der Schlussanträge), sondern vom ORF selbst, und es spricht doch Einiges dafür, dass das österreichische Programmentgelt (nicht die Rundfunkgebühr) privatrechtlichen Charakter hat (siehe dazu schon hier, insbesondere die dort zitierten Entscheidungen des VfGH und des OGH). Ob das für das Vergaberecht von Bedeutung ist, lasse ich einmal dahinstehen, für das Beihilfenrecht könnte aber die Form der Festlegung des Programmentgelts nicht unproblematisch sein. Zumindest die frühere Generaldirektorin des ORF, Monika Eder-Lindner, hat in ihrer Bewerbung Folgendes geschrieben:
Alexander Wrabetz hingegen will die Festlegung durch den ORF beibehalten, so schrieb er in seiner (erfolgreichen) Bewerbung:
Die aktuellen Entwicklungen machen auch das kommende Woche stattfindende 3. Österreichische Rundfunkforum, das diesmal dem "Recht der Rundfunkfinanzierung" gewidmet wird, besonders spannend. Am 11. September 2007, nur zwei Tage vor Beginn des Rundfunkforums, wird übrigens auch die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Sachen "Rundfunkgebührenklage" verkündet werden (siehe dazu die Pressemitteilung des BVerfG).
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