Monday, August 31, 2009

Von Law-Designern und Behörden-Clustern: 10. Salzburger Telekom-Forum

Sonnenschein statt Salzburger Schnürlregen, die Edmundsburg (Pfeil im Bild links) als Tagungsort und der "Jedermann" im Programm integriert - das waren die Neuerungen, mit denen das 10. Salzburger Telekom-Forum am 27. und 28. August 2009 aufwarten konnte. Eine weitere Neuerung - das angekündigte Referat von EU-Kommissarin Viviane Reding - kam wegen kurzfristiger Verhinderung der Kommissarin doch nicht zustande; an ihrer Stelle verwies eben ihr Kabinettschef Rudolf Strohmeier auf die aktuelle post-i2010-Konsultation und nannte die üblichen Milliarden-Beträge, die diese oder jene Initiative für das Wirtschaftswachstum bringen würden (zB 20 Mrd € aus dem Telekom-Paket, 150 bis 200 oder auch 50 Mrd € aus der digitalen Dividende usw [in der deutschsprachigen Pressemitteilung zur digitalen Dividende steht übrigens auch heute noch "50 Millionen" statt "50 Milliarden" - da die Zahlen ohnehin niemand ernst nimmt, fällt das wahrscheinlich auch niemandem auf]). Zur Frage des Amendment 138 blieb Strohmeier ebenfalls bei der bekannten Linie: es wäre falsch, "diese Leute" (gemeint Filesharer) zu kriminalisieren, "wie man das in einem großen Mitgliedstaat westlich des Rheins gemacht hat"; andererseits müsse man sich für eine EU-weit vereinheitlichte Regelung für den Urheberrechtsschutz für Online-Inhalte einsetzen (siehe zuletzt diese Presseaussendung).

Staatssekretär Josef Ostermayer verwies in seinem Vortrag auf die Vorhaben im Regierungsprogramm, u.a. zur Breitband-Versorgung, die bis 2013 mit "zumindest 25 Mb/s" erreicht sein soll - gemeint offenbar: flächendeckend (aus dem Text des Regierungsprogramms geht das nicht ganz klar hervor). Das - im Regierungsprogramm ohne Zeitvorgabe angekündigte - IKT-Kompetenzzentrum soll im Herbst (2009?) seine Arbeit aufnehmen (hoffentlich wird das nicht bloß eine "IKT-Taskforce reloaded"). Zur digitalen Dividende kündigte Ostermayer an, dass Anfang 2010 die politischen Entscheidungen getroffen würden, zuvor soll eine Studie die Bedarfslage klären.

Was den Vortrag von Alcatel Österreich-Generaldirektor und Bundesratsvizepräsident Harald Himmer betrifft, habe ich meine zuletzt in diesem Blog angebotene Wette teilweise verloren: die Internet-Offensive wurde nicht einmal mehr erwähnt (vielleicht beginnt die Sache auch den Proponenten mittlerweile schon peinlich zu werden). Nicht ganz klar war mir bei seinem Vortrag, wie man zugleich inhaltlich gegen Netzneutralität sein kann, um sich ein paar Folien weiter dann ausdrücklich für diese auszusprechen.

Am Nachmittag des 27.08.2009 zeigte der Richter des deutschen Bundesverwaltungsgerichts Dr. Wolfgang Bier anschaulich, wie sich die Rechtsprechung des BVerwG zum "Regulierungsermessen" im Telekomrecht unter Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht entwickelt hat; Josef Azizi, Richter am EuG, legte die Rechtsprechung des EuG zum Ermessen (der Kommission) in Marktmissbrauchsverfahren dar.

Der zweite Tag war dem Ausblick auf aktuelle Rechtssetzungsvorhaben gewidmet: Wolf-Dietrich Grussmann von der Europäischen Kommission ging auf den nun ins Vermittlungsverfahren gehenden "Review" des Rechtsrahmens (dazu in diesem Blog zuletzt hier) ein. Er hofft, dass die - eigentlich nicht in den Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste gehörende - Debatte um den Schutz von Urheberrechten (Stichwort "Amendment 138"), die die Verabschiedung in zweiter Lesung verhindert hat, rasch abgeschlossen werden kann. Zuversichtlich zeigte er sich, dass das Vermittlungsverfahren nur auf das Amendment 138 fokussiert bleibt und nicht die in den anderen Bereichen schon gefundene Übereinstimmung wieder in Frage gestellt wird.

Chrstian Singer vom BMVIT stellte - neben der für den Herbst vorgesehenen Novelle zum TKG zur Umsetzung der RL über die Vorratsspeicherung von Daten - in Aussicht, dass in einer weiteren TKG-Novelle besondere Regelungen für ein Ediktalverfahren in Marktanalyseangelegenheiten getroffen werden sollten, um die "Parteistellungs-Problematik" zu entschärfen. Die ohnehin schwierige Novelle zur Vorratsdatenspeicherung - die er grundsätzlich auch lieber in der StPO als im TKG sähe - solle aber nicht mit anderen TKG-Änderungen zusätzlich belastet werden.

Michael Kogler vom BKA berichtete von geplanten Novellen zu den Rundfunkgesetzen, u.a. zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für digitalen terrestrischen Hörfunk. Was das ORF-Gesetz betrifft, sprach er von mehreren Entwürfen, die im BKA schon vorbereitet worden seien, konnte aber ohne politische Einigung und vor Vorliegen einer definitiven Einigung mit der Kommisison im Beihilfeverfahren (die es im September geben könnte) dazu inhaltlich keine näheren Details bekanntgeben.

In der Diskussion wurde zur angekündigten Studie betreffend die digitale Dividende mitgeteilt, dass der genaue Studienauftrag noch zwischen BMVIT und BKA abgestimmt wird, realistisch wird es dabei aber (nur) um das 790-862 MHz Band gehen, andere Frequenzbereiche oder Refarming-Fragen werden auch wegen der knappen zur Verfügung stehenden Zeit nicht angesprochen werden. Die Studie soll die politische Entscheidungsfindung unterstützen und Anfang 2010 vorliegen. Was die im Regierungsprogamm wieder einmal angekündigte "KommAustria Neu" - mit Zuständigkeiten auch für den Telekommunikationsbereich - betrifft, konnte Michael Kogler festhalten, dass die gegenwärtigen Aufträge an die Legisten (Kogler verwies dafür auch auf den neudeutschen - ironisch gemeinten - Begriff: "Law-Designer") jedenfalls keine Änderungen bei den Telekom-Regulierungsbehörden umfassten. Dies bestätigte auch Christian Singer, der darauf hinwies, dass man TKK, RTR und KommAustria ohnehin schon als eine Art "Behörden-Cluster" sehen kann.

PS: Medienberichte zum Telekom-Forum hier, hier, hier und hier.
Update 3.9.2009: auf der Website der RTR sind nun die Folien bzw. Referate von Azizi, Bier, Grussmann und Strohmeier verfügbar

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