Thursday, December 13, 2007

EuGH: must carry und Dienstleistungsfreiheit

In der Rechtssache C-250/06 UPC Belgium hatte der EuGH die Vereinbarkeit nationaler must carry-Regelungen für Kabel-TV-Netze mit Bestimmungen des EG-Vertrages zu beurteilen. Das heutige Urteil in dieser Sache erklärte zwei der vom belgischen Staatsrat vorgelegten Fragen (die sich auf "besondere Rechte" iSd Art 86 EG und einen möglichen Missbrauch einer beherrschenden Stellung iSd Art 82 EG bezogen) als unzulässig, weil das vorlegende Gericht nicht die für eine Beurteilung durch den EuGH notwendigen Angaben gemacht hatte.

Zu beantworten blieb damit die Frage der Vereinbarkeit von must carry-Regelungen mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EG. Die Universaldienst-Richtlinie 2002/22/EG, die in ihrem Art. 31 auch must carry-Regelungen enthält, war ausdrücklich noch nicht Gegenstand des Verfahrens.

Das Ergebnis ist wenig überraschend:
  • must carry-Regelungen (wie die im Anlassfall streitige Regelung für das Gebiet Brüssel-Hauptstadt) sind eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 49 EG.
  • Sie können aber durch ein Ziel des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein (wie hier die Erhaltung des pluralistischen Charakters des Fernsehprogrammangebots in einem zweisprachigen Gebiet).
Grundsätzlich sind must carry-Regelungen auch geeignet, das im Allgemeininteresse gelegene Ziel der Aufrechterhaltung des Pluralismus zu erreichen. Bei der Frage, ob sie dazu auch erforderlich sind, haben die Mitgliedstaaten ein weites Ermessen. In keinem Fall aber darf die Maßnahme außer Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Daher muss die Erteilung des must carry-Status
  • erstens einem transparenten Verfahren unterliegen,
  • zweitens auf objektiven, im Voraus bekannten Kriterien beruhen,
  • drittens dürfen diese Kriterien nicht diskriminierend sein.

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