Friday, July 19, 2013

Kurzes Update zum (nach wie vor nicht vorhandenen) Quellenschutz in den USA - NY Times Reporter muss über seine Quelle aussagen

"Der Schutz journalistischer Quellen ist eine der Grundvoraussetzungen der Pressefreiheit", heißt es in der ständigen Rechtsprechung des EGMR zu Art 10 EMRK (etwa im Urteil Goodwin, Abs 39). In Österreich ist das Recht von Medienmitarbeitern, "in einem Strafverfahren oder sonst in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen", nach § 31 Mediengesetz sogar absolut geschützt; nach der Rechtsprechung des EGMR wäre die Aufforderung zur Offenlegung einer Quelle ausnahmsweise zulässig, wenn sie durch ein zwingendes öffentliches Interesse ("overriding requirement in the public interest") gerechtfertigt ist.

In den USA gibt es - entgegen einem bei uns weit verbreiteten Irrglauben (siehe dazu im Blog schon einmal hier)  - jedenfalls auf Bundesebene keinen vergleichbaren Schutz für Journalisten. Der U.S. Supreme Court hat sich im Fall Branzburg v. Hayes im Jahr 1972 mit knapper Mehrheit geweigert, aus dem ersten Zusatzartikel zur Verfassung ("First Amendment") ein Recht auf Quellenschutz abzuleiten. Seither wurde mehrfach versucht, diese Frage wieder zum Supreme Court zu bringen - bislang erfolglos (siehe zB zum Fall der NY Times Reporterin Miller, die aufgrund ihrer Weigerung, ihre Quelle zu verraten, ins Gefängnis ging, hier).

Nun dürfte ein weiterer Fall eines NY Times-Reporters auf dem Weg zum Supreme Court sein: James Risen wurde mit Urteil des U.S. Court of Appeals for the Fourth Circuit vom 19.07.2013 verpflichtet, als Zeuge gegen einen Ex-CIA-Mitarbeiter auszusagen, von dem er möglicherweise vertrauliche Informationen geleakt erhielt. Kernsatz der Mehrheitsmeinung (das Urteil wurde mit 2:1 Stimmen gefällt): 
There is no First Amendment testimonial privilege, absolute or qualified, that protects a reporter from being compelled to testify by the prosecution or the defense in criminal proceedings about criminal conduct that the reporter personally witnessed or participated in, absent a showing of bad faith, harassment, or other such non-legitimate motive, even though the reporter promised confidentiality to his source,"
Richter Gregory verfasste eine dissenting opinion, in der er ua schreibt: "The majority exalts the interests of the government while unduly trampling those of the press, and in doing so, severely impinges on the press and the free flow of information in our society."

Risen will das Urteil bekämpfen: "Mr. Risen has vowed to appeal any loss at the appeals court to the Supreme Court, and to go to prison rather than testify about his sources." heißt es dazu in der New York Times. Ob der Supreme Court den Fall annehmen wird, scheint aber - gerade nach der Erfahrung im Fall Miller - eher zweifelhaft. Update 09.06.2014: der Supreme Court hat es am 02.06.2014 abgelehnt, den Fall anzunehmen (siehe Case Page auf Scotus Blog; Bericht auf US News)

PS: US Attorney General Holder hat vergangene Woche angekündigt, wenigstens die Regeln für den Zugriff auf Telefondaten und Mails von Journalisten enger zu fassen. Immerhin heißt es im diesbezüglichen Bericht des US Justizministeriums "members of the news media will not be subject to prosecution based solely on newsgathering activities." Wenn das nicht beruhigend ist!

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