Friday, January 12, 2007

Geheimsache Frequenzen: Österreichs Sonderstellung in Europa

Nehmen wir an, eine von der Europäischen Kommission eingesetzte Beratergruppe, bestehend aus den Leitern jener nationalen Regulierungsbehörden, die "die Hauptverantwortung für die Beaufsichtigung des laufenden Marktgeschehens im Bereich der elektronischen Kommunikationsnetze und -dienste tragen", erstellt einen Bericht, sagen wir: zum Wettbewerb im mobilen Zugangsmarkt (mit einem Anhang).

Dieser Bericht wird - anders als viele andere vergleichbare Berichte der ERG - zunächst nicht auf der Website der ERG veröffentlicht. Da es sich aber um ein Dokument handelt, das im Besitz eines Organs der Europäischen Gemeinschaft ist, kann jedermann nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Zugang dazu verlangen. Das habe ich getan (mit E-Mail vom 6. Oktober letzten Jahres), und bei Gelegenheit werde ich in diesem Blog noch auf die Details dieser Anfrage, die bis heute - mehr als drei Monate später - noch nicht abschließend beantwortet wurde, zurückkommen.

Offenbar hat sich in der Kommission - nach entsprechender Beratung in der ERG (siehe Punkt 17a der Tagesordnung des Meetings vom 7./8. Dezember 2006) - nun doch die Ansicht durchgesetzt, dass das Dokument veröffentlicht werden kann, und heute sind die bisher unter Verschluss gehaltenen Berichte (neben dem "mobile access"-Dokument samt Anhang auch ein Bericht über Markt 18) auf der - der Kommission zuzurechnenden - Website der ERG bereitgestellt worden. Allerdings nicht zur Gänze; insbesondere auf dem Vorblatt zum Anhang wird darauf hingewiesen, dass in Anwendung des Art 4 Abs 2 und 6 der VO (EG) 1049/2001 Teile des Dokuments ausgelassen wurden.

Überraschend ist dabei, dass die Österreich betreffenden Informationen offenbar besonders sensibel sind. So wird zB die Antwort auf die Frage, ob für 2G/3G Mobilfunknetze Lizenzen/Frequenzen verfügbar sind, von der Europäischen Kommission als "Geheimsache" eingestuft - aber nur, soweit es Österreich betrifft! Dasselbe gilt für die Fragen, warum die Lizenzen/Frequenzen nicht zugeteilt werden, und ob alle zugeteilten 2G/3G-Frequenzen in Betrieb genommen wurden.

Die Antworten auf die Fragen, ob durch Auflagen und Bedingungen die Investitionsanreize in die Frequenznutzung für 2/3G Mobilnetze verringert werden, und ob es aktuelle oder mögliche Wettbewerbsprobleme im Zusammenhang mit der Frequenzverteilung gibt, und ob schließlich mögliche Wettbewerbsprobleme durch Wegfall oder Abschwächung von Auflagen verringert werden könnten, sind immerhin nicht nur für Österreich, sondern auch für die Schweiz (!) so heikel, dass die Kommission sie nicht bekanntgibt.

Die Kommission hat nur eine Österreich betreffende Fragenbeantwortung (von insgesamt 9) nicht als vertraulich eingestuft. Dabei handelt es sich um die Antwort auf die Frage, ob nach Ansicht der Regulierungsbehörde Kapitalmangel für die Investition in Mobilnetze einen Flaschenhals im nationalen "mobile market" darstelle. Die Antwort:
"N/a"

Nun warte ich noch auf die Antwort der Kommission, mit der diese Ausnahmen begründet werden. Woran kann es bloß liegen, dass Informationen, die Österreich betreffen, geheim sind, während die gleichen Informationen zu anderen Mitgliedstaaten offen zugänglich sind? Und besonders interessant: wie lässt sich im Lichte des Art 7 der Genehmigungsrichtlinie begründen, dass die Information, ob "Lizenzen/Frequenzen" für 2G/3G-Netzwerke in Österreich verfügbar sind, vertraulich zu bleiben hat?

Fortsetzung folgt... (Nr. 1, ...)

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