Thursday, October 29, 2009

OGH zu Mobilkom: Konsument muss sich nicht als Testsubjekt behandeln lassen

Wie kann man die Vertragsbedingungen für Kunden verschlechtern und zugleich verhindern, dass manche Kunden das für solche Fälle vorgesehene außerordentliche Kündigungsrecht ausüben? Indem man sich vorbehält, den tatsächlich Kündigenden allenfalls doch wieder die alten Bedingungen anzubieten und sie in diesem Fall zur Fortsetzung des Vertrags verpflichtet. Darauf sollten im Wesentlichen zwei Vertragsklauseln hinauslaufen, die mobilkom austria AG im Februar letzten Jahres ihren Kunden übermittelt hat.

Der Verein für Konsumenteninformation hat dagegen geklagt und in allen Instanzen gewonnen (Urteil des HG Wien [dazu in diesem Blog hier], Urteil des OLG Wien [dazu - kurz - hier], Urteil des Obersten Gerichtshofs).

Schon das OLG Wien (Urteil vom 31.3.2009, 1 R 180/08k) hatte der mobilkom austria AG beschieden, dass "das Interesse eines Unternehmers auf Ausschaltung des wirtschaftlichen Risikos aus einer von ihm beabsichtigten Verschlechterung der Vertragsbedingungen für die Verbraucher" keine sachliche Rechtfertigung für eine in zwei AGB-Klauseln vorgesehene, den Kunden nachteilige Änderung der Rechtslage ist.

Der OGH konnte in seinem Urteil vom 8.9.2009, 1 Ob 123/09h, auf die zutreffende Begründung des OLG Wien verweisen und musste sich nur knapp mit dem Revisionsvorbringen auseinandersetzen. Dabei fand der OGH durchaus deutliche Worte:
"Die den Teilnehmern seitens der Beklagten offensichtlich zugedachte Rolle von 'Testsubjekten' (rentiert sich aufgrund der Anzahl der Widersprüche bzw Kündigungen die Änderung der AGB?) muss der Konsument nicht spielen."
Klargestellt wurde, dass § 25 Abs 3 TKG 2003 eine konsumentenschutzrechtliche Norm ist, die das Kündigungsrecht des Teilnehmers von bestimmten gesetzlichen Bedingungen abhängig macht; macht der Teilnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, kann er aber - ab dem Zugang der Kündigungserklärung an den Betreiber - mit einer wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses rechnen.

Die Frage, ob auch § 25 TKG 2003 - wie vom OGH zur Vorgängerbestimmung des § 18 TKG 1997 judiziert wurde - dem Betreiber ein einseitiges Änderungsrecht einräumt, hatte der OGH im Urteil vom 20.3.2007, 4 Ob 227/06w, zuletzt ausdrücklich offen gelassen. Im nun entschiedenen Fall stellte der OGH allerdings klar, dass er die zu § 18 TKG 1997 begründete Rechtsprechung (insbesondere 14.3.2000, 4 Ob 50/00g) fortschreibt:
"Diese Bestimmungen [§ 25 Abs 2 und 3 TKG 2003] berechtigen den Anbieter ex lege zu einer einseitigen Vertragsänderung, soweit es die Änderung von AGB und Entgeltbedingungen betrifft (Feiel/Lehofer, TKG 2003, 96; Ertl, Die AGB-Kontrolle nach § 25 TKG 2003, MR 2005, 139 [141f]; Lehofer in FS Mayer 148f; 4 Ob 98/04x). Als Ausgleich dafür erhält der Teilnehmer in Übereinstimmung mit Art 20 Abs 4 der Universaldienstrichtlinie (RL 2002/22/EG) ein kostenloses außerordentliches Kündigungsrecht, das spätestens bis zum In-Kraft-Treten des Änderungen auszuüben ist [Feiel/Lehofer aaO 96f; Ertl aaO; Lehofer aaO)."
PS: Der OGH spricht nur davon, dass Konsumenten die Rolle als "Testsubjekte" nicht spielen müssen. Ob sich manche Leser einer bestimmten Wochenzeitschrift von deren Chefredakteur als "meine Meerschweinchen" behandeln lassen müssen, ist eine ganz andere Frage (mehr dazu zB hier, hier und hier)

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