"In Zukunft regulieren wir nur dort, wo es erforderlich ist", so wird Kommissarin Reding in aktuellen Pressemeldungen zitiert, in denen sie auch gleich ankündigt, dass sie "elf von bisher 18 Märkten, in denen die Preise von Regulierungsbehörden bestimmt werden, in die Freiheit des Wettbewerbs entlassen" werde.
Natürlich ist es Unsinn, dass die Kommissarin (oder auch die Kommission) elf Märkte in die Freiheit des Wettbewerbs entlassen wird, auch wenn die neue Märkteempfehlung nur mehr sieben Märkte aufweisen wird (die aber wahrscheinlich acht bisherigen Märkten entsprechen).
Denn nicht die Kommission legt fest, welche Märkte zu regulieren sind, und schon gar nicht legt sie fest, ob die Preisregulierung als "spezifische Verpflichtung" auf diesen Märkten zum Einsatz kommt. Vielmehr sind es "die nationalen Regulierungsbehörden, die eine Definition der relevanten Märkte festlegen, und nicht der nationale Gesetzgeber oder eine andere nationale Einrichtung" (so das Klagsvorbringen der Kommission in der Rechtssache C-424/07, Kommission gegen Deutschland), aber auch nicht die Kommission. Die Märkteempfehlung der Kommission ist zwar von den Regulierungsbehörden weitestgehend zu berücksichtigen, aber ob ein Markt auf nationaler Ebene als relevant festgestellt wird, entscheidet ebenso die Regulierungsbehörde, wie die Frage, ob auf diesem Markt effektiver Wettbewerb besteht (wenn auch mit "Vetorecht" der Kommission) - ohne Vetorecht (derzeit) entscheidet die Regulierungsbehörde dann darüber, welche Regulierungsinstrumente zur Anwendung kommen.
In der neuen Märkteempfehlung werden einzelne Märkte auch deshalb nicht mehr enthalten sein, weil in vielen Mitgliedstaaten auf diesen Märkten bereits effektiver Wettbewerb festgestellt wurde (zB Märkte 15 und 17 - zum Ergebnis der ersten Runde der Marktanalyse siehe hier, zur zweiten Runde hier), sodass schon die Behauptung, dass derzeit auf 18 Märkten die Preise von den Regulierungsbehörden bestimmt werden, nicht der Wahrheit entspricht. Aber für eine besondere Tatsachennähe ihrer Pressemitteilungen oder Interviewaussagen war Reding ja auch bisher nicht bekannt (siehe zB hier).
Auch die Aussage "In Zukunft regulieren wir nur dort, wo es erforderlich ist", scheint auf den ersten Blick unsinnig: denn natürlich entspricht es gerade dem Konzept des aktuell geltenden Rechtsrahmens aus dem Jahr 2002, dass Regulierung nur dort ansetzt, wo kein wirksamer Wettbewerb besteht, wo also die Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind, um Wettbewerb zu ermöglichen. Aber vielleicht sollte mit dieser Aussage gar nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass in Zukunft, anders als jetzt, nur dort reguliert werden solle, wo es erforderlich ist; vielleicht liegt die Betonung eher auf dem "wir": wir (die Kommission!) werden in Zukunft nur dort regulieren, wo es erforderlich ist. Dies würde schon eher der Intention der aktuellen Gesetzgebungsvorhaben entsprechen, die morgen in der Kommission beschlossen und dann vorgestellt werden sollen (zu den Rohentwürfen siehe hier).
Monday, November 12, 2007
Redings große Vision: was jetzt schon gilt, soll in Zukunft wirklich gelten
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