Friday, April 06, 2007

Der Lehrbub des Osterhasen vor den Höchstgerichten

In der Serie "Mit dem Rundfunkrecht durch die Jahreszeiten" sind wir nun - nach der Ballsaison (siehe hier und hier) - bei Ostern angelangt.
Der heutige Karfreitag ist einer von drei werbefreien Tagen im österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk (siehe § 13 Abs 5 ORF-G). Karfreitag ist der Tag, an dem Christen des Leidens und Sterbens Jesu gedenken, der Tag der Kreuzverehrung - und nicht der Tag der Werbung, schon gar nicht der Kreuzwerbung.

"Kreuzwerbung" (der OGH fand es erforderlich, den Begriff "cross promotion" erklärend so zu übersetzen) ist für den ORF grundsätzlich eingeschränkt: § 13 Abs 9 ORF-Gesetz [Update: seit 1.10.2010: § 14 Abs 3 ORF-G] sieht vor, dass die Bewerbung von Hörfunkprogrammen des ORF in Fernsehprogrammen des ORF (und umgekehrt) unzulässig ist, sofern es sich nicht um Hinweise auf einzelne Sendungsinhalte handelt. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 634 BlgNR 21. GP) sollen mit diesem Verbot der "cross promotion" Wettbewerbsverzerrungen hintangehalten werden.

Diese Bestimmung bescherte allen drei österreichischen Höchstgerichten die Gelegenheit, sich mit dem Osterhasen zu beschäftigen, oder besser: mit seinem Lehrling. Denn mit dem Spot "Toni, der Lehrbub" warb der ORF im Fernsehprogramm ORF 1 für eine Aktion des Hörfunkprogramms Ö3 - unzulässigerweise, wie der Bundeskommunikationssenat (BKS) mit Bescheid vom 6.9.2002 feststellte. Hier die Sachverhaltsschilderung im Bescheid des BKS:

Der Österreichische Rundfunk sendete in seinem Fernsehprogramm „ORF 1“ am 25.3.2002 um 23 Uhr einen Spot, in dem ein Hase auftritt, der folgenden Text spricht: „Grias eich, i bin der Toni, der Lehrbua vom Osterhasen. Mei Chef hat gsagt, i soll eich was ausrichten: Ö3 gewinnen und Autos hören. [...] Na, anders hat er gsagt, soll i sagen: Ö3 hören und in die Osterferien Autos gwinnen! Ja so wars.“ Danach wurde der Text: „Ö3-Osterfestspiele. Morgen kurz nach 9 Uhr in Ö3-Extra: Die Ö3-Osterfestspiele in Hitradio Ö3“ eingeblendet, der auch von einer Off-Sprecherin verlesen wurde. Während des Spots wurde ein vom Österreichischen Rundfunk für sein Hörfunkprogramm „Ö3“ verwendete Logo sichtbar.

Die vom ORF erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 8.10.2003, B 1540/02, abgewiesen. Auch der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde des ORF mit Erkenntnis vom 20.10.2004, 2003/04/0179, ab.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit der Sache in einem Verfahren nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu befassen. Der Sicherungsantrag eines privaten Hörfunkveranstalters, dem ORF "mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das von [ihm] bundesweit verbreitete Hörfunkprogramm "Hitradio Ö3" ... in Fernsehprogrammen [des ORF] zu bewerben, insbesondere in TV-Werbespots, insbesondere solchen, in denen Personen, Stoffpuppen oder Tiere personalisiert und in verschiedenen Lebenssituationen dargestellt werden, um die Radioprogramme des ORF zu bewerben" wurde vom OGH mit Beschluss vom 20.5.2003, 4 Ob 8/03k, abgewiesen. Der OGH kam nämlich zum Ergebnis, dass die Rechtsansicht des ORF, wonach diese Spots keine cross promotion wären, vertretbar gewesen sei, da zum Zeitpunkt der Ausstrahlung auch noch keine Entscheidung des Bundeskommunikationssenats vorgelegen war.

So also kam Toni, der Lehrbub des Osterhasen, vor alle Höchstgerichte - über einen anderen Hasen, der in einem ORF-Werbspot "über eine Wiese hoppelt, auf der sich gefärbte Ostereier befinden", hat (bislang?) nur der Bundeskommunikationssenat entschieden. In einem Bescheid vom 1.6.2005 stellte der BKS eine Verletzung des § 13 Abs 8 ORF-G fest, da mit dem Spot ein Druckwerk (die "Oster-Nachlese") in einer nach dem ORF-Gesetz unzulässigen Weise beworben worden war.

Vielleicht kann man verstehen, dass der Osterhase nach all diesen juristischen Auseinandersetzungen seine Gutmütigkeit verloren hat. Das - angeblich von NBC stammende - YouTube-Video "The Easter Bunny Hates You" dürfte allerdings (ebenso wie übrigens die CNN-Persiflage [?] "Dick Cheney ruins Easter") im Fernsehen auch nicht ohne Weiteres ausgestrahlt werden: es zeigt nämlich "grundlose Gewalttätigkeiten" (vgl § 10 Abs 11 ORF-G und § 32 Abs 1 PrTV-G).

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