Whistleblowing, Redaktionsgeheimnis, Justizkommunikation: das sind drei Themen, die Kernfragen der Freiheit der Meinungsäußerung berühren, mit denen ich mich schon öfters auseinandergesetzt habe.
Zugleich sind es Themen, die in den letzten Tagen im Zusammenhang mit einem aktuellen Gerichtsverfahren in den klassischen und sozialen Medien vermehrt thematisiert wurden. Ich werde dieses Verfahren und insbesondere das gestern ergangene freisprechende Urteil in keiner Weise kommentieren,*) zumal - was ich hier ausdrücklich festhalten möchte - diese Fragen auch nicht unmittelbar mit den in jenem Verfahren entscheidungserheblichen Tatbestandsmerkmalen des dort beurteilten Delikts zu tun haben.
Dennoch möchte ich - motiviert durch diesen Thread eines Standard-Journalisten auf Twitter, in dem diese Themen angesprochen wurden - ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht dazu machen.
1. Whistleblower
Whistleblower (der deutsche Begriff "Hinweisgeber" wird sich außer in Rechtsvorschriften wohl nicht mehr durchsetzen) sind vereinfacht gesagt Personen, "die Informationen über eine Gefährdung oder Schädigung des öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit ihren beruflichen Tätigkeiten melden" (so Erwägungsgrund 31 zur "Whistleblower-Richtline" (EU) 2019/1937; Punkt 1 der Entschließung 1729 (2010), Protection of "whistle-blowers", der parlamentarischen Versammlung des Europarates spricht von "concerned individuals who sound an alarm in order to stop wrongdoings that place fellow human beings at risk").
Indem sie mit diesen Informationen nach außen gehen - zum Beispiel auch, aber nicht nur, an Medien - setzen sich Whistleblower in der Regel über Verschwiegenheits- Vertraulichkeits- oder Loyalitätspflichten hinweg, an die sie in ihrer beruflichen Tätigkeit gebunden sind. Das können gesetzliche Verpflichtungen (etwa Amtsgeheimnis, berufsrechtliche Verschwiegenheitspflichten) genauso sein wie vertragliche (Vertraulichkeitsvereinbarungen, Non Disclosure Agreeements usw.). Whistleblower sind daher häufig nachteiligen Folgen ihrer Meldung ausgesetzt, die von arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung, Schadenersatzforderungen oder auch Mobbing und Rufschädigung in sozialen Medien gehen (eine beispielhafte Aufzählung von Repressalien findet sich in Art. 19 der Whistleblower-RL).
Die Meldung von Missständen, etwa in der öffentlichen Verwaltung, ist auch eine durch Art. 10 EMRK geschützte "Mitteilung von Nachrichten". Dennoch ist "Whistleblowing" nicht einfach uneingeschränkt zulässig, sondern kann Einschränkungen aus den in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten Gründen (etwa zum Schutz der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten) unterworfen werden; natürlich nur, soweit diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen sind und sie "in einer demokratischen Gesellschaft ... unentbehrlich" und verhältnismäßig sind.
In der Rechtsprechung des EGMR haben sich dafür Kriterien herausgebildet, die mittlerweile auch in einige Rechtsvorschriften (vor allem im Finanzbereich) Eingang gefunden haben und auf die sich insbesondere auch die - in Österreich erst umzusetzende - Whistleblower-RL stützt (so ausdrücklich Erwägungsgrund 31 der RL). Diese Kriterien sind im Wesentlichen bereits im Urteil der Großen Kammer des EGMR vom 12.2.2008 im Fall Guja gegen Republik Moldau ausgeführt (dieser Fall betraf übrigens eine Information der Presse durch den Pressesprecher der Generalprokuratur über versuchte politische Interventionen in der Justiz). Auch in diesem Fall betont der EGMR die Verpflichtung von Arbeitnehmer*innen zur Loyalität, Zurückhaltung und Verschwiegenheit, die öffentlich Bedienstete in besonderer Weise treffe. Für die Frage, ob eine Durchbrechung dieser Pflicht - durch Weitergabe von Informationen an Außenstehende - durch Art. 10 EMRK geschützt ist, sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Die Offenlegung der Information sollte zunächst gegenüber den Vorgesetzten oder einer anderen zuständigen Behörde erfolgen; nur wo dies offensichtlich undurchführbar ist, kann die Information, als letztes Mittel, auch öffentlich bekanntgegeben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, ob ein anderes wirksames Mittel zur Beseitigung des Missstands zur Verfügung stand.
- Besondere Bedeutung kommt dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Information zu (die versuchte Druckausübung auf Staatsanwälte/Staatsanwältinnen durch politische Funktionsträger im Fall Guja hat der EGMR zB als sehr wichtige Angelegenheiten von öffentlichem Interesse angesehen).
- Wesentlich ist die Authentizität der Information: wer mit Informationen an die Öffentlichkeit geht, muss deren Wahrheitsgehalt zuvor sorgfältig recherchiert haben.
- Der Schaden, den die von der Information betroffene Einrichtung als Folge der Veröffentlichung erleidet, ist ebenfalls zu berücksichtigen (das Interesse an der Aufrechterhaltung des öffentlichen Vertrauens in bestimmte staatliche Institutionen wie zB in die Armee, einen Nachrichtendienst oder die Justiz steht aber einer Offenlegung von gravierenden Missständen in diesen Einrichtungen nicht entgegen).
- Das Motiv hinter der Offenlegung ist ebenfalls von Bedeutung: wesentlich ist, dass die Offenlegung in gutem Glauben ("in good faith") erfolgt; deutlich weniger starken Schutz genießen Offenlegungen, die aus persönlichen Motiven (persönlichen Streitigkeiten oder Feindschaft oder aus Erwartung eines persönlichen Vorteils) erfolgen.
- Letztlich ist bei der Beurteilung, ob eine Verletzung des Art. 10 EMRK erfolgte, natürlich auch immer die Schwere der Sanktion von Bedeutung; so kann beispielsweise eine Entlassung unverhältnismäßig sein, wenn geringere disziplinäre Maßnahmen ausreichend gewesen wären.
Nach diesen Kriterien kann ein Beamter/eine Beamtin Schutz als Whistleblower nur dann beanspruchen, wenn ein interner Missstand zunächst "nach oben" (oder an dafür allenfalls sonst eingerichtete Stellen, etwa die interne Revision, oder ein "Hinweisgebersystem") gemeldet wurde. Von dieser Verpflichtung, zunächst intern Abhilfe zu suchen, muss nur dann nicht Gebrauch gemacht werden, wenn dies offensichtlich undurchführbar ("clearly impracticable") ist, also etwa wenn der/die Vorgesetzte selbst an den Missständen beteiligt ist oder trotz Kenntnis davon in angemessener Frist nichts dagegen unternimmt. Auch die Whistleblower-RL sieht den Vorrang "interner Meldekanäle" vor und schützt Whistleblower, die unmittelbar (bzw. über Medien) an die Öffentlichkeit gehen, in der Regel nur dann, wenn zuvor die nach dieser Richtlinie eingerichteten internen und externen Meldekanäle erfolglos genutzt wurden (ausgenommen bestimmte Notsituationen nach Art. 15 Abs. 1 lit. b der RL).
Legt man das auf einen Fall um, in dem eine Staatsanwaltschaft eine - angenommen: unbegründete - Anzeige gegen jemanden an eine andere, für allfällige Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft richtet, so läge das angenommene Fehlverhalten in diesem Fall bei der "anzeigenden" StA; dieses Fehlverhalten würde, normalen Verlauf der Dinge angenommen, zu keinen weiteren Konsequenzen führen, als dass die zuständige StA mangels Anfangsverdacht kein Ermittlungsverfahren einleitet. Der angenommene Fehler der anzeigenden StA könnte im Rahmen der regulären Dienstaufsicht thematisiert und abgestellt werden. Jemand, der in der Hierarchie in der Lage gewesen wäre, selbst für die Behebung der Mängel zu sorgen, erfüllt schon das erste und entscheidende Kriterium des EGMR nicht, weil es eben alternative Wege zur Abstellung des angenommenen Missstands gegeben hätte: ein Eingreifen der Aufsicht. Wer aber selbst für die Behebung von Mängeln zuständig ist (und daran auch nicht von außen gehindert wird), kann nicht zugleich von Art. 10 EMRK geschützter "Whistleblower" sein. Nähme man allerdings an, dass - aus welchen Gründen immer - die reguläre Dienstaufsicht nicht in der Lage gewesen wäre, das angenommene Fehlverhalten der "anzeigenden" StA abzustellen, dann wäre jedenfalls noch der Meldeweg "nach oben", also an die zuständige Bundesministerin, offen gestanden und - bevor man Außenstehende informiert - auch zu nutzen gewesen.
Zusammenfassend: mit rechtlich geschütztem "Whistleblowing" hätte die Information einer Journalistin über ein angenommenes Fehlverhalten einer Staatsanwaltschaft durch jemanden aus der Justiz, der davon amtlich Kenntnis erlangt hat, und der entweder selbst in der Lage gewesen wäre, das angenommene Fehlverhalten abzustellen oder zumindest eine Meldung an das ihm übergeordnete dafür zuständige Organ, die Bundesministerin für Justiz, hätte machen können, nichts zu tun.
2. Redaktionsgeheimnis
Sollten Chats, die sich auf (rechtmäßig) sichergestellten Handys befinden, und die Kontakte mit Journalist*innen betreffen, besser geschützt werden? Oder wird, wie das gelegentlich vereinfachend und irreführend gesagt wird, mit der Auswertung solcher Chats das Redaktionsgeheimnis umgangen?
Vorweg: die Frage, inwieweit das öffentliche Interesse an der Aufklärung von Straftaten gegenüber dem - auch grundrechtlich geschützten - Interesse der Betroffenen nach Vertraulichkeit ihrer Kommunikation zurücktritt, ist gerade vor dem Hintergrund der einschlägigen Grundrechte (Fernmeldegeheimnis, Briefgeheimnis, Unverletzlichkeit des Hausrechts, Achtung des Privat- und Familienlebens etc.) nicht immer einfach zu beantworten. Die Grundrechte geben eine Grenze vor, abseits davon besteht ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum, in dem die Frage der Auswertung sichergestellter Handys legitim diskutiert werden kann. Den derzeit gegebenen Rahmen halte ich für grundrechtlich angemessen austariert, was aber nicht bedeutet, dass leichte Verschiebungen in die eine oder andere Richtung nicht auch noch grundrechtlich zulässig wären. Zu beachten ist freilich immer, dass nicht nur durch eingriffsintensive Maßnahmen (zB das "Abhören" von Kommunikation) Grundrechte verletzt werden können, sondern dass auch das Fehlen entsprechender gesetzlicher Ermittlungsmöglichkeiten Grundrechte beeinträchtigen kann (siehe dazu vor allem das EGMR-Urteil K.U. gegen Finnland [im Blog dazu hier], wo die Möglichkeit von Internetprovidern, sich auf Vertraulichkeit zu berufen, die effektive Verfolgung einer Straftat verhinderte und damit das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht des Opfers der Straftat verletzt wurde).
Das Redaktionsgeheimnis (siehe für einen schnellen Crashkurs dazu aktuell den Thread von Michael Rami) schützt, sehr vereinfacht, Journalist*innen davor, dass sie durch die Verpflichtung zur Zeugenaussage oder durch eine Sicherstellung und Auswertung ihrer Unterlagen, Computer, Handys etc. in die Situation kommen, dass ihre vertraulichen Quellen "auffliegen". Das Redaktionsgeheimnis schützt, entgegen weit verbreiteter Ansicht, in keiner Weise die Quellen selbst. Finden etwa Amtsgeheimnisse den Weg in die Zeitung, dann darf die Staatsanwaltschaft deshalb nicht die Redaktionsräume durchsuchen, um den "Verräter" zu finden. Gibt die Journalistin/der Journalist aber (absichtlich oder unabsichtlich) preis, von wem die Informationen stammen oder gibt es aus anderen Gründen einen konkreten Verdacht, wer die Verletzung des Amtsgeheimnisses zu verantworten hat, hindert das Redaktionsgeheimnis die Staatsanwaltschaft nicht an Ermittlungsmaßnahmen gegenüber dieser Person, natürlich einschließlich der Sicherstellung und Auswertung von Handys, Computern etc.
Wird nun zB ein Handy von jemandem (rechtmäßig) sichergestellt, der einer bestimmten Straftat verdächtig ist, und ergibt die Auswertung, dass auch der Verdacht auf den Verrat von Amtsgeheimnissen im Hinblick auf eine andere Angelegenheit besteht, so steht das Redaktionsgeheimnis der Verwertung dieser Informationen nicht entgegen. In diesem Fall wird ja nicht die Journalistin/der Journalist zur Offenlegung der Quelle gezwungen, sondern die Quelle selbst hat sich (wenn auch nicht freiwillig) verraten.
Ein Grund dafür, weshalb solche Chats dem Redaktionsgeheimnis unterworfen werden sollten, womit die Verfolgung von Straftaten erschwert würde, ist für mich nicht erkennbar. Wenn es um den Schutz vor "chilling effects" geht, wäre der richtige Ansatzpunkt für diesen Fall nicht das Redaktionsgeheimnis, sondern der angemessene Schutz von Whistleblowern. Es müsste also darum gehen, ob die Kommunikation mit der Journalistin bzw. dem Journalisten, auf die man bei der Auswertung eines sichergestellten Handys (nicht der Journalistin/des Journalisten, sondern einer Person, gegen die ermittelt wird) stößt, als "Whistleblowing" zu sehen ist, das (nach den oben dargelegten Kriterien) selbst eine grundrechtlich geschützte Mitteilung von Nachrichten ist.
Mit diesem Ansatz könnte adäquat auf Fälle reagiert werden, in denen es "bloß" um den Verrat von Amtsgeheimnissen geht, bei denen etwa vertrauliche Informationen über Missstände "geleakt" werden.
Denn der weitergehende "Schutz" von Chats mit Journalist*innen (egal ob unter dem Titel "Ausweitung des Redaktionsgeheimnisses" oder "Einschränkung der Verwertbarkeit von Zufallsfunden") könnte auch gravierende Straftaten betreffen, bei denen die Unterlassung einer weiteren Verfolgung nicht zu rechtfertigen wäre: Stellen wir uns einen etwas zugespitzten Fall vor, in dem ein mutmaßlicher Mörder mit einer Journalistin chattet und ihr dabei auch von einem weiteren, noch nicht entdeckten Mord berichtet. Wird nun das Handy des mutmaßlichen Mörders sichergestellt (weil die Polizei ihm auf die Schliche des ersten Mordes gekommen ist), dürfte dann der zweite Mord nicht verfolgt werden, weil die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft erst durch Auswertung des Chats mit der Journalistin auf diese Straftat aufmerksam wurde? Ich gehe nicht davon aus, dass jene, die nun eine Einschränkung der Auswertung von Chats mit Journalist*innen fordern, auch diese Konsequenz in Kauf nehmen würden.
Zusammenfassend: die Auswertung eines (rechtmäßig) bei einem Amtsträger sichergestellten Handys auch im Hinblick auf darauf befindliche Nachrichten an eine Journalistin berührt nicht das Redaktionsgeheimnis.
3. Justizkommunikation
Fabian Schmid meint (im eingangs erwähnten Twitter-Thread), dass "die Justizkommunikation an sich reformiert werden" sollte, weil der Medienerlass oft sehr eng ausgelegt werde und Angst vor Ermittlungen wegen Geheimnisverrats herrsche, dass aber Journalist:innen Ansprechpartner:innen (in der Justiz) bräuchten, die Dinge erklären.
Zu Fragen der Justizkommunikation hätte ich viel zu sagen, was man insgesamt vielleicht mit den Worten zusammenfassen kann: es ist wirklich nicht einfach. Vielleicht vertiefe ich das später einmal, heute nur drei Anmerkungen:
1. Ja, die Fesseln der Amtsverschwiegenheit sind eng, und im Kernbereich der Kommunikation über einzelne anhängige oder erst anhängig werdende Verfahren wohl zu recht so. Der Schutz der Verfahrensbeteiligten und des ordnungsgemäßen Verfahrens an sich ist ein hohes Gut, und ich finde es zwar schwierig, aber notwendig, auf Litigation PR von Beteiligten nicht mit Litigation PR der Justiz zu reagieren. Kernaufgabe der Justiz ist die Verfahrensführung, nicht die Kommunikation, und die ohnedies knappen Ressourcen der Justiz müssen vor diesem Hintergrund zweckmäßig eingesetzt werden.
2. Dennoch: mehr Transparenz ist möglich und notwendig, und zwar ganz im Sinne des von Fabian Schmid angesprochenen "Erklärens", auch gegenüber Journalist*innen. Keine Amtsverschwiegenheit hindert etwa einen Sektionschef, allgemeine Fragen zu erklären: unter welchen Voraussetzungen erlaubt die StPO eine Sicherstellung, wie läuft ein Ermittlungsverfahren üblicherweise ab, wie lange dauert es im Allgemeinen, bis die Auswertung einer Telefonüberwachung vorliegt, wer kann Anklage erheben, welche Rechtsbehelfsmöglichkeiten haben Beteiligte? All das lässt sich ohne Verletzung von Amtsgeheimnissen allgemein beantworten und kann zu einem besseren Verständnis beitragen. Ich kann mir vorstellen, dass es zweckmäßig wäre, Ansprechpersonen für solche Fragen von Seiten des BMJ auch klar zu benennen und diesen Personen auch die Sicherheit zu geben, dass sie solche Informationen geben dürfen, ohne damit den Medienerlass oder sonstige interne Regularien zu verletzen. ABER: zwischen dem "abstrakten" Erklären und der Beantwortung konkret fallbezogener Fragen, etwa zum Stand des Ermittlungsverfahrens, ist ein wesentlicher Unterschied.
3. Selektive Informationen, also das eigeninitiative "Verkaufen von G'schichten" an bestimmte Journalist*innen oder bestimmte Medien, halte ich jedenfalls für rechtswidrig (siehe dazu näher schon hier). Öffentliche Stellen, auch die Justiz, haben die Medien gleich zu behandeln und können auch in der Öffentlichkeitsarbeit nicht nach Belieben bestimmte Journalist*innen mit Informationen versorgen und andere nicht. Das schließt nicht aus, dass man Verteiler festlegt, in denen nach sachlichen Kriterien (etwa: Chronikreporter*innen, Innenpolitik-Ressorts, Inlands-/Auslandsmedien etc.) unterschieden wird, oder die jedenfalls allen Interessent*innen nach sachlichen Kriterien offen stehen. Aber aus eigenem (nur) bestimmte Journalist*innen zu kontaktieren, weil man mit ihnen vielleicht eine bessere Gesprächsbasis hat, weil man meint, gerade dieser eine Fall passe vielleicht zur Krone und jener zur Presse, oder gar weil man noch irgendwem "was schuldig" zu sein glaubt oder dafür eine bestimmte Art der Berichterstattung erwartet, hat tabu zu sein (davon zu unterscheiden ist die Beantwortung von Anfragen einzelner Journalist*innen, die natürlich im Rahmen des von der Amtsverschwiegenheit Erlaubten bzw. von der Auskunftspflicht Gebotenen zu erfolgen hat).
Auch hier zuletzt eine Zusammenfassung: ein eigeninitiativer "Leak" eines Amtsträgers über einen in amtlicher Funktion wahrgenommenen Umstand in der Justiz an eine Journalistin ist schon deshalb kein Fall zulässiger "Justizkommunikation", weil damit - ungeachtet des Inhalts der Mitteilung - selektiv eine bestimmte Journalistin ohne sachlichen Grund bevorzugt wird.
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*) Das hat mehrere Gründe, vor allem aber kenne ich den Betroffenen aus verschiedenen fachlichen Zusammenhängen und zudem weiß ich vom Verfahren nicht mehr, als darüber in den Medien zu lesen war.
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