Natürlich muss das eine gute Story sein, wenn sie sogar mit einem dreiminütigen Beitrag in einer der wichtigsten TV-Nachrichtensendungen des Landes gewürdigt wird: die Geschichte vom Schuldirektor, der SchülerInnen mit einem illegal betriebenen Störsender am smartphone-unterstützten Schummeln hindern will und sich darüber wundert, dass das Gerät sichergestellt und ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt wird (Berichte zB auf orf.at, in SN, Krone, Presse etc; der ZIB 2-Bericht ist in der TVthek noch 6 Tage abrufbar).
Folgt man der weithin übereinstimmenden Berichterstattung und den dabei gezeigten Bildern, dann dürfte der Direktor einen Störsender (Jammer) dieser Art in Betrieb genommen haben, was nach § 74 Abs 2 TKG 2003 (auch in der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Mai oder Juni 2011 geltenden Fassung) ganz eindeutig nicht zulässig ist: nach dieser Bestimmung (in der Fassung vor dem 22.11.2011) darf nämlich eine Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer elektrischen
Einrichtung, deren Zweck es ist, mittels Funkwellen Funkkommunikation zu verhindern (und die daher gemäß § 3 Z 6 letzter Satz TKG 2003 als Funkanlage gilt), ausschließlich Sicherheitsbehörden erteilt werden. Seit 22.11.2011 können alle Behörden, "soweit diese mit Aufgaben der öffentlichen
Sicherheit, Verteidigung, Sicherheit des Staates oder Strafrechtspflege
betraut sind", eine Bewilligung erhalten,* sodass nun auch in Österreich die - in Deutschland schon länger übliche - Verwendung von Jammern in Haftanstalten möglich ist.
Das unbefugte Betreiben einer Funkanlage ist eine Verwaltungsübertretung, die nach § 109 Abs 1 Z 4 TKG 2003 mit Geldstrafe bis zu 4.000 € bedroht ist (zum Zeitpunkt der Übertretung war die Strafnorm § 109 Abs 1 Z 3 TKG 2003); nach § 109 Abs 7 TKG 2003 können im Straferkenntnis die Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, für verfallen erklärt werden. Zuständig für die Aufsicht über Telekommunikationsanlagen (zu denen auch die Funkanlagen gehören) und Verwaltungsstrafbehörde sind die Fernmeldebüros, deren Organe - etwa des "Aufsichts– und Ausforschungsdienstes" der sieben regionalen Funküberwachungen - umfassende Betretungsrechte (§ 86 Abs 4 TKG 2003) und in bestimmten Fällen auch Durchsuchungsrechte (§ 87 TKG 2003) haben.
Dass gegen den Betreiber eines Störsenders ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird, ist nicht überraschend. Auch dass bei einer offensichtlich erstmaligen Betretung unter den in diesem Fall gegebenen konkreten Umständen ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG erfolgt, ist nicht wirklich verwunderlich; Voraussetzung dafür ist, dass das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Eine - bescheidmäßige - Ermahnung ist auszusprechen, "sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten."
Genau das dürfte, folgt man den (meisten) Medienberichten, erfolgt sein. Also juristisch nicht gerade eine weltbewegende Geschichte, sondern eine klare Verwaltungsübertretung, bei der die Behörde wegen geringfügigen Verschuldens nicht einmal eine Strafe verhängt und auch die Funkanlage nicht für verfallen erklärt hat.
Lustig ist, was das Gratisblatt "heute" in seiner Printausgabe aus der Geschichte gemacht hat: in der Phantasie des heute-Redakteurs schickte ein Handynetzbetreiber(!) Mitarbeiter mit Peilgeräten aus, die den Störsender orteten und beschlagnahmten; außerdem habe der Schuldirektor vor Gericht müssen, wo der Richter Milde habe walten lassen - alles ein typischer Fall phantasievoller, aber grundfalscher Ausschmückung einer Agenturgeschichte.
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*) auch der ZIB 2-Bericht ist diesbezüglich unscharf: er beschreibt - wohl wegen des Anlassfalls - die Rechtslage vor dem 22.11.2011, erweckt aber den Eindruck, dass diese auch heute noch gelte. Beim Hinweis auf die "Sicherheitsbehörden" ist das eine journalistisch akzeptable Verknappung, unrichtig ist aber die Behauptung, dass laut Gesetz "der Betrieb einer Funkanlage nur mit Bewilligung zulässig" sei: mit der TKG-Novelle 2011 kam es nämlich zu einem Paradigmenwechsel, sodass die überwiegende Zahl der Funkanlagen nun ohne Bewilligung betrieben werden kann.
Tuesday, January 17, 2012
Der Störsender am Schul-WC - eine kleine Verwaltungsübertretung als große Nachricht
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2 comments :
na ja, 4000€ sind eine "kleine" Strafdrohung=
@Wolfgang Pichler: im TKG ist das tatsächlich die niedrigste Strafdrohung für Verwaltungsübertretungen; andere Übertretungen sind mit Strafen bis zu 8.000 €, 37.000 € oder 58.000 € bedroht! Ausgeschöpft werden diese Strafrahmen praktisch nie; laut Beantwortung einer aktuellen parlamentarischen Anfrage wurden im Jahr 2010 für Übertretungen des TKG Geldstrafen von rund 75.000 € verhängt (insgesamt für alle Delikte in ganz Österreich!).
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