§ 28 Abs 6 ORF-G sieht eine Wahl durch die "Rundfunkteilnehmer" vor, wobei für diesen Begriff auf § 2 Rundfunkgebührengesetz* verwiesen wird (demnach ist Rundfunkteilnehmer, wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt"). Der VfGH konnte aber - vor allem weil § 28 Abs 9 ORF-G auf GIS-"Teilnehmernmmern" Bezug nimmt - "auch bei Ausschöpfung aller zur Ermittlung des Inhalts zur Verfügung stehenden Interpretationsmethoden" den Kreis der demnach Wahlberechtigten "nicht hinreichend verlässlich ermitteln":
"Insbesondere konnte die Frage nicht geklärt werden, ob nach dem Gesetz nur jene Rundfunkteilnehmer wahlberechtigt sind, die (von vornherein) über eine Teilnehmernummer verfügen, oder unter gewissen Voraussetzungen auch weitere Gruppen von Rundfunkteilnehmern, die im § 2 RGG genannt sind."Mit der Aufhebung gibt es nun keine Regeln über die Direktwahl von Publikumsratsmitgliedern mehr, was aber, so der VfGH ausdrücklich in einer Pressemitteilung, auf die aktuelle Besetzung des Publikumsrates keine Auswirkung hat. Sollte der Gesetzgeber also einfach untätig bleiben, dann hätte der Publikumsrat in seiner nächsten Funktionsperiode sechs Mitglieder weniger und der ORF würde sich die hohen Kosten der Direktwahl ersparen. Problematisch wäre dann aber die Bestellung der Stiftungsratsmitglieder, denn nach § 30 Abs 1 Z 2 ORF-G hat der Publikumsrat sechs Mitglieder des Stiftungsrats zu bestellen, "wobei drei Mitglieder aus den auf Grund der Ergebnisse der Direktwahl bestellten sechs Mitgliedern des Publikumsrates stammen müssen"; insofern wird also jedenfalls eine Reparatur des ORF-Gesetzes notwendig sein.
Im Hinblick auf den Rechtscharakter der "Wahlordnung" für den Publikumsrat ist der VfGH nicht bei seiner im Prüfungsbeschluss getroffenen Annahme - es handle sich um eine Rechtsverordnung - geblieben. Es war nicht zu erwarten, dass der VfGH den ORF entgegen der bisherigen Rechtsprechung (VfSlg 7717/1975) als Verwaltungsbehörde qualifizieren wollte. Der VfGH führt nun aber aus, dass gleichwohl die Annahme möglich erscheine, "dass der Gesetzgeber den ORF im Wege einer Beleihung zur Erlassung einer Verordnung, und damit zur Erlassung eines Hoheitsaktes, zuständig gemacht haben könnte." Ungeachtet verschiedener Anhaltspunkte (Mitwirkung des Bundeskanzlers, Kundmachungen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung, möglicherweise auch konkrete Festlegung der Wahlberechtigten), die "für einen Akt heteronomer Rechtserzeugung" sprechen würden, gelangt der VfGH aber schließlich zum Ergebnis, dass die Wahlordnung keine Rechtsverordnung ist, einfach weil das Gesetz keine Ermächtigung zur Erlassung einer derartigen Verordnung enthält.
*) Zur Definition des Rundfunkteilnehmers in der in § 28 Abs 6 ORF-G verwiesenen Bestimmung des § 2 RGG hat der VfGH übrigens keine Bedenken geäußert.
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