Wednesday, October 14, 2009

Rat auf Draht: Notruf in Not?

Die Notrufnummer 147 ist seit Jahren mit Abstand die meistgewählte Notrufnummer Österreichs, was auch daran liegen dürfte, dass - entgegen den rechtlichen Bestimmungen - die überwiegende Zahl der Anrufer den Notrufdienst gar nicht erreicht, sondern das Besetztzeichen oder ein Tonband hört. 2008 gab es allein aus den Mobilnetzen 1,23 Mio Anrufe zu 147; dem stehen laut Angaben des ORF "nur" 178.126 Kontakte, davon 116.411 Beratungsgespräche gegenüber (im Schnitt also etwa 319 Beratungsgesprächen pro Tag); siehe dazu in diesem Blog schon hier, hier und hier.

Finanziert wird dieses Beratungsangebot etwa zur Hälfte durch den ORF, dem dieses Beratungsangebot damit etwa soviel kostet wie der Generaldirektor: laut Petition des Netzwerks Kinderrechte € 350.000 pro Jahr (laut Harald Fidlers Medienwelt von A-Z lag der Bezug des Generaldirektors 2007 bei 348.500 zuzüglich Erfolgsprämie). Die anderen € 350.000 kommen überweigend von Bund und Ländern, teilweise auch von privaten Sponsoren.

Auf Grund der Einsparungen beim ORF ist die Zukunft von "Rat aud Draht" nicht gesichert, fürchtet - wohl nicht zu unrecht - das Netzwerk Kinderrechte, dessen Petition heute im Petitionsausschuss des Nationalrats behandelt wurde, siehe auch hier). Denn zum Kerngeschäft des ORF zählt der Notruf nicht.

Der Unternehmensgegenstand des ORF umfasst gemäß § 2 Abs 1 ORF-G
  1. die Veranstaltung von Rundfunk,
  2. die Durchführung von mit der Tätigkeit nach Z 1 in Zusammenhang stehenden Online-Diensten und Teletext und den Betrieb von für die Tätigkeiten nach dieser Ziffer und Z 1 notwendigen technischen Einrichtungen,
  3. alle Geschäfte und Maßnahmen, die für die Tätigkeit nach Z 1 und 2 oder die Vermarktung dieser Tätigkeiten geboten sind.
Außerdem darf sich der ORF nach § 2 Abs 2 ORF-G noch an bestimmten Unternehmen beteiligen. Mehr geht nicht: "Tätigkeiten, die nicht unter Abs. 1 und 2 subsumierbar sind, sind dem ORF - unabhängig davon wie sie finanziert werden - gesetzlich verwehrt." (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze, 2. Auflage, S. 8).

Ein "telefonisches psychologisches Beratungsangebot" wie "Rat auf Draht" muss daher, soll es vom ORF zulässigerweise angeboten werden, für die Veranstaltung von Rundfunk oder Online-Diensten oder zur Vermarktung dieser Dienste geboten sein. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, dürfte der ORF offensichtlich annehmen, denn er betreibt ja nicht nur den Notrufdienst unter 147, sondern hat sich erst letztes Jahr auch die Nummer 116123 - eine "öffentliche Kurzrufnummern für harmonisierte Dienste von sozialem Wert" - gesichert, unter der er - als "Hotline zur Lebenshilfe" - die "ö3-Kummernummer" erreichbar machen will (siehe dazu hier). Eine Verpflichtung, den Notrufdienst (oder die Kummernummer) zu betreiben, gibt es aber für den ORF gegenwärtig nicht.

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