Monday, September 07, 2009

"EU-Kommission: Zwangsabschaltung unserer Fernsehgeräte!"

Seit Wochen warte ich auf eine Welle der Entrüstung im österreichischen Zeitungsboulevard: denn mit der Verordnung (EG) Nr. 642/2009 der Kommission vom 22. Juli 2009 greift die Kommission ganz unmittelbar in die private Programmautonomie jedes EU-Fernsehzuschauers ein. Diese Verordnung, mit der die sogenannte Ökodesign-Richtlinie (RL 2005/32/EG) umgesetzt wird, sieht nämlich vor, dass Fernsehgeräte ab 20. August 2011 über eine Abschaltautomatik verfügen müssen, die folgende Kriterien erfüllt:
"Spätestens vier Stunden nach der letzten Nutzerinteraktion und/oder dem letzten Kanalwechsel wird das Fernsehgerät automatisch vom Ein-Zustand
- in den Bereitschaftszustand oder
- den Aus-Zustand oder
- einen anderen Zustand geschaltet, in dem die geltenden Obergrenzen für die Leistungsaufnahme im Bereitschafts- und/oder Aus-Zustand nicht überschritten werden."
Mit anderen Worten: wer vier Stunden lang nicht zappt, für den wird der Bildschirm schwarz (freilich gibt es vorher noch eine "Warnmeldung").

Das wäre doch eigentlich der Stoff, aus dem üblicherweise die einschlägigen Brüssel-Bashing-Meldungen (oder "Analysen") gestrickt sind. Und überhaupt: hat schon jemand die Auswirkungen auf den teletest untersucht?

PS: tragische Ereignisse, wie der jüngst entdeckte Fall eines Salzburgers, der sechs Monate tot vor laufendem Fernsehgerät lag, wären unter der neuen Verordnung etwas anders verlaufen: das Fernsehgerät hätte sich längst ausgeschaltet.

Update 08.09.2009: der in dieser Zeitungsnotiz hergestellte Zusammenhang zwischen diesem Blogeintrag und der ORF-Programmpräsentation war von mir schon deshalb nicht beabsichtigt, weil ich von der Programmpräsentation bis zu den heutigen Zeitungsmeldungen gar nichts gewusst habe. Und ich hoffe doch, dass die von mir beabsichtigte Ironie in meinem Text erkennbar ist - der Beitrag zielte auf jene ab, die in jede harmlosen EU-Regelung gleich einen Angriff auf die nationale Selbstbestimmung (und sei es beim Dauerfernsehen) hineininterpretieren.
Den Schlenker zum teletest muss ich aber vielleicht doch etwas erklären - für jene, die nicht mit den alten Anekdoten (oder urban myths) zum Fernsehen etwa um das Jahr 2000 (!) vertraut sind. Damals, in der Zeit vor dem österreichischen Privatfernsehen, ging jedenfalls die Geschichte von einer etwas älteren Salzburger Fernsehteilnehmerin um, die im teletest-Sample war und sich dadurch auszeichnete, dass sie ausschließlich und täglich von mittags bis spätabends ununterbrochen ORF 2 sah, so dass sie gewissermaßen im Alleingang die ORF 2-Marktanteile/Reichweiten jedenfalls in Salzburg spürbar beeinflusste. Wie gesagt: das war eine Anekdote, die ich zwar von verschiedener Seite gehört habe, deren Wahrheitsgehalt freilich höchst zweifelhaft ist.

2 comments :

WSBI said...

In other words: EU Kommission tut was gegen zu arge, TV-induzierte Verbloedung. Ist doch gut ;) Die sollten das sogar noch verschaerfen. Wenn Fernseheruptime > 240 min, dann mind. 48h Zwangspause ohne Umgehung. Vllt wuerde sich dann endlich mal was aendern...

Anonymous said...

Mir wurde ja von dem ATV Vertreter bei der AGTT mal erklärt (ich hoffe ich erinnere mich richtig) das beim teletest automatisch nach einer gewissen zeit zuseher "rausgekickt" werden. die gkk nennt das offenbar "schläfer" und geht davon aus das mehre stunden ein und den selben Sender zu konsumieren nicht im wachen stunden ertragbar sei...