Laut Kommissions-Vizepräsidentin Kroes können dank der neuen Preisobergrenzen "beim Datenroaming Familien jährlich über 200 EUR und Geschäftsreisende über 1000 EUR sparen". Das wird in der Presseaussendung auch rechnerisch dargestellt, hängt aber wohl ein wenig davon ab, ob man tatsächlich annimmt, dass auch bei den aktuellen hohen Datenroaming-Entgelten im dort genannten Umfang Datenroaming betrieben wird. Und so berühmt wie der Ederer-Tausender (in Schilling!) wird Kroes damit in Österreich wohl auch nicht werden...
Neu: Endkunden-Preisobergrenzen für Datenroaming
Ab 01.07.2012 wird es erstmals im Endkundenbereich Obergrenzen für Datenroaming geben. Pro MB darf dann beim Datenroaming innerhalb der Union nicht mehr als € 0,70 anfallen (exklusive Umsatzsteuer). Ab 01.07.2013 sinkt der Höchstpreis auf € 0,45, ab 01.07.2014 auf € 0,20.
Auf Vorleistungsebene (also in der Verrechnung zwischen Heim- und Gastnetzbetreiber), wo derzeit eine Höchstgrenze von € 0,50 pro MB gilt, sinken diese Preise ab 01.07.2012 auf € 0,25, ab 01.07.2013 auf € 0,15 und ab 01.07.2014 auf € 0,05.
Absenkung der Höchstpreise für Sprachanrufe und SMS
Die Höchstgrenze der Endkundenentgelte für Sprachanrufe (derzeit € 0,35 pro Minute abgehend / € 0,11 ankommend) sinkt ab 01.07.2012 auf € 0,29 (€ 0,08 ankommend), ab 01.07.2013 auf € 0,24 (€ 0,07 ankommend) und ab 01.07.2014 auf € 0,19 (€ 0,05 ankommend). Höchstentgelte für SMS sinken von derzeit € 0,11 ab 01.07.2012 auf € 0,08, ab 01.07.2013 auf € 0,07 und ab 01.07.2014 auf € 0,06. Vergleichbare Absenkungen sind auf der Vorleistungsebene vorgesehen.
Wechselmöglichkeit zu alternativem Roaminganbieter ab 01.07.2014
Gänzlich neu ist eine Maßnahme, die von der Kommission als "strukturell" angesehen wird und - zumindest nach der aktuellen Rhetorik - nach einer Übergangsfrist bis 30. Juni 2017 sodann den Wegfall der Preisobergrenzen rechtfertigen soll (auch bisher waren die Preisregelungen stets befristet vorgesehen worden; der EuGH hat die Befristung auch als rechtfertigendes Element bei der Beurteilung der Gültigkeit der Stammfassung der Roaming-Verordnung beurteilt: siehe dazu das Urteil vom 08.06.2010, C-58/08 Vodafone ua, dazu im Blog hier; zu den Schlussanträgen hier).
Das neue Konzept ("Separater Verkauf regulierter Roamingdienste auf Endkundenebene", Artikel 4) sieht vor, dass inländische Anbieter ihren Kunden den Zugang zu regulierten Sprach-, SMS- und Datenroamingdiensten, die als ein Paket von einem alternativen Roaminganbieter bereitgestellt werden, ermöglichen müssen. Kunden können dann für ihren Aufenthalt im Ausland ein günstigeres Roaming-Paket bei einem "alternativen Roaminganbieter" buchen und sind nicht an vielleicht teurere Dienste ihres Heimnetzbetreibers gebunden. Der Wechsel zu einem alternativen Roaminganbieter oder zwischen Roaminganbietern muss für die Kunden unentgeltlich und bei allen Tarifen möglich sein. Von dieser Möglichkeit des Wechsels zu einem anderen Roaminganbieter erhofft man sich auch disziplinierende Wirkung auf das Heimnetz.
Bis 31.12.2012 muss die Kommission Durchführungsbestimmungen zu den Informationspflichten gegenüber Endkunden sowie zur technischen Lösung für die Einführung des separaten Verkaufs regulierter Roamingdienste erlassen. Die technische Lösung muss übriigens (unter anderem) verbraucherfreundlich, wettbewerbsfördernd, kosteneffizient und noch manches mehr sein. Man kann gespannt sein.
Weitergeltung der Höchstentgelte?
Nach der Neufassung der Verordnung gelten die oben beschriebenen Höchstentgelte bis 30.06.2017 - allerdings ausdrücklich "unbeschadet des Artikels 19", der eine Überprüfungs- und Berichtspflicht für die Kommission bis zum 30.06.2016 festlegt. Dort heißt es:
"Falls sich aus dem Bericht ergibt, dass die in dieser Verordnung vorgesehenen strukturellen Maßnahmen nicht ausreichend waren, um den Wettbewerb im Binnenmarkt für Roamingdienste zum Nutzen aller europäischen Verbraucher zu fördern, oder dass die Unterschiede zwischen den Roaming- und den Inlandstarifen sich nicht gegen Null bewegt haben, unterbreitet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Vorschläge, um diese Mängel zu beheben und somit einen gemeinsamen Binnenarkt für Mobilkommunikationsdienste zu erreichen, in dem letztlich kein Unterschied zwischen Inlands- und Roamingtarifen besteht.Mit anderen Worten: nur wenn sich Inlands- und Auslandstarife bis Mitte 2016 tatsächlich weitestgehend angeglichen haben, kann man realistisch mit dem Wegfall der Preisobergrenzen Mitte 2017 rechnen.
PS: zum aktuellen Stand der Roaming-Engelte siehe den BEREC-Bericht International Roaming (BEREC Benchmark Data Report July 2011 – December 2011 May 2012). Keine große Überraschung ist wohl, dass die tatsächlichen Entgelte sehr nah an den Obergrenzen waren und blieben: "In general, average Eurotariff retail voice roaming rates [...] remained fairly near the regulated caps in most EU Member States during the data collection period."
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