Thursday, August 07, 2008

Vom "Schauplatz Börse" zum "Schauplatz Gericht"

"Schauplatz Gericht" - eine Sendung des ORF - "begleitet Menschen und deren Schicksale vor Gericht und ist damit die einzige derartige Sendung im deutschen Sprachraum."

"Schauplatz Börse" hingegen war eine kurze Sendung, produziert vom Landesstudio Vorarlberg des ORF, bei der es - wie der Bundeskommunikationssenat in einer Entscheidung vom 16. Juni 2008 festgestellt hat - zur "Einbindung verkaufsfördernder Hinweise für Kapitalmarktprodukte und Dienstleistungen in das redaktionelle Format" gekommen ist, was wiederum geeignet war, die Allgemeinheit über den Zweck der Sendung irrezuführen: "Der ORF hat daher durch die Gestaltung dieser Sendung gegen das Verbot der Schleichwerbung verstoßen." (Update: der Bescheid des Bundeskommunikationssenates wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.10.2011, 2011/03/0048, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben)


Aber die Sache kam nicht nur vor den Bundeskommunikationssenat, sondern auch im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit vor Gericht. Mit einstweiliger Verfügung wurde dem ORF vom Oberlandesgericht Wien verboten, "unmittelbar vor Beginn der regionalisierten Sendestrecke Werbesendungen auszustrahlen, insbesondere in der mit Sponsorhinweisen einer Regionalbank versehenen Sendung 'Schauplatz Börse', wenn diese spezifische verkaufsfördernde Hinweise enthält, die in der Empfehlung münden, eine bestimmte Aktie zu kaufen."

Mit Beschluss vom 10. Juni 2008, 4 Ob 56/08a, hat der Oberste Gerichtshof den vom ORF eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs zurückgewiesen, da darin keine erheblichen Rechtsfragen aufgeworfen wurden. Wörtlich führte der OGH aus:
"Es wurde - gegen Entgelt, und zwar auch durch die Einsparung von Produktionskosten wegen der Verwendung eines für den Beklagten kostenlosen Mitarbeiters - ein Anreiz für die Zuseher geschaffen, die präsentierte Ware oder Dienstleistung zu erwerben (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze², 62 mwN zur Rsp des VfGH, VwGH und EuGH). Der eindeutige und daher vorwerfbare Verstoß gegen das Verbot bloß regionaler Werbung nach § 13 Abs 7 ORF-G rechtfertigt bereits das (einstweilige) Unterlassungsgebot. Es bedarf somit keiner Lösung der Frage, ob die Aktienempfehlung auch gegen das Verbot verkaufsfördernder Hinweise in Patronanzsendungen (§ 17 Abs 2 Z 3 ORF-G) - in vorwerfbarer Weise - verstößt und ein solcher Verstoß neben dem zuvor erwähnten Werbeverbot selbständig zu ahnden wäre."
Vielleicht könnte der ORF solche Gerichtsverfahren in eigener Sache für seine Sendereihe "Schauplatz Gericht" verwerten, werden dort doch - nach den Angaben auf der ORF-Website - "oft Geschichten dokumentiert, die selbst kreativen Drehbuchautoren kaum eingefallen wären."

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