Diese Woche, gleich nach der Rückkehr von einem Internet-losen Urlaub, wurde ich an einem Tag gleich mit zwei SOKOs konfrontiert: Dreharbeiten und eine Polit-Presseveranstaltung zur nächsten Staffel von SOKO Donau sorgten dafür, dass vor meinem Arbeitsplatz ausnahmsweise wieder Fiaker vorfuhren. In der aktuell gedrehten Folge soll es um einen Mord im Wiener Fiakermilieu gehen, und dazu dreht man offenbar gern am Judenplatz, der sonst für Fiaker off limits ist.
Für die Fiaker (und sonstige Lohnkutscher) gibt es in Österreich eine eigene Verfassungsbestimmung, versteckt in dem eigentlich nur die Beförderung mit Kraftfahrzeugen regelnden Gelegenheitsverkehrsgesetz: nach § 1 Abs 3 GelverkG ist die "Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden", demnach keine Gewerbeangelegenheit, die in die Bundeskompetenz fiele. Also darf das Land Wien selbst Rechtsvorschriften für Fiaker erlassen, und von dieser Möglichkeit wurde auch durchaus reichlich Gebrauch gemacht. Da aber die attraktiven Standplätze für Fiaker rar sind, findet sich in § 8 ("Auffahrordnung") der Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen
sogar eine für den Telekom- oder Rundfunkrechtler interessante Bestimmung, die einen nichtdiskriminierenden Zugang zu diesen begrenzten Ressourcen schaffen soll.
Am selben Tag, bei der Durchsicht aktueller Fachliteratur zum Sozialversicherungsrecht, bin ich in der NZS auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gestoßen, die mich zugegeben weniger wegen ihrer sozialversicherungsrechtlichen Dimension interessiert hat, sondern weil die SOKO Köln eine gewisse Rolle spielt (hier online verfügbar).
"Der ... Kläger war Produktionsleiter der Fa. ..., einer Tochtergesellschaft des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Er arbeitete abends und an den Wochenenden selbstbestimmt in seiner privaten Zweizimmerwohnung, ... Nachdem er am Unfalltage morgens in der Wohnung geduscht, seinen Körper bis auf die Füße abgetrocknet und einen Bademantel angezogen hatte, ging er in sein kombiniertes Wohn-/Ess/-Arbeitszimmer, um eine Folge der ZDF-Serie "SOKO KÖLN" zu kalkulieren. Als er das Zimmer betrat, rutschte der Teppichläufer plötzlich weg und der Kläger stürzte auf die rechte Schulter."Fraglich war nun natürlich, ob es sich dabei um einen Arbeitsunfall handelte (Die Rechtslage dazu ist in Deutschland sehr ähnlich wie in Österreich - vgl § 175 ASVG - und auch der Rechtsprechung stellen sich ähnliche Fragen). "Wäre der Kläger am Schreibtisch bei der Kalkulation der Serie 'SOKO KÖLN' verunglückt (also beispielsweise vom Stuhl gestürzt und hätte er sich dabei den rechten Oberarm gebrochen), dann wäre er unfallversichert gewesen", erklärt das LSG; aber er hatte seinen häuslichen Arbeitsplatz noch nicht erreicht, als er ausrutschte, sodass es um die Frage des Wegunfalls geht:
"In diesem Zusammenhang hat er zwei Sachverhaltsalternativen geschildert: In der ersten Variante (a) habe er nach dem Aufstehen gegen 06.00 Uhr morgens zunächst geduscht und sei danach auf dem Weg zum Arbeitsplatz gestürzt. In der zweiten Version (b) sei er nach dem Aufstehen zunächst (unfallfrei) ins Wohn-/ Arbeitszimmer gelangt und habe dort einige Gedanken im Laptop stichpunktartig festgehalten. Danach habe er geduscht, das Badezimmer gegen 6.30 Uhr verlassen und sei von dort auf dem Weg zur Weiterarbeit im kombinierten Wohn-/Arbeitszimmer verunglückt."Egal wie, es war kein Arbeits(weg)unfall, bescheidet das LSG: nach der ersten Sachverhaltsvariante fehlte die "betriebsbedingte Hast und Eile", die in einem Präzendenzfall doch den Konnex zur Arbeit hatte herstellen können. Und auch nach in der zweiten Variante war "Ausgangspunkt des Weges, auf dem der Kläger verunglückte, ... die Körperpflege, d.h. eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Verrichtung. ... Hätte der Kläger nämlich darauf verzichtet, in die berufliche Tätigkeit eine eigenwirtschaftliche Verrichtung (Körperpflege) einzuschieben, so wäre er nicht verunglückt. Damit kommt der unversicherten Körperpflege für den Hin- und Rückweg zum Badezimmer überragende und damit alleinwesentliche Bedeutung zu."
Vielleicht hätte der Kläger darlegen sollen, dass das Duschen keine Unterbrechung, sondern eine Fortführung seiner Arbeit war, weil ihm beim Duschen immer die besten Ideen für die SOKO Köln kommen ;-)
PS: dass Duschen grundsätzlich "dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen und ... nicht unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz" steht, hat in Österreich übrigens auch der OGH schon bestätigt (als kleiner Tribut an die sonstigen Blog-Inhalte darf ich darauf hinweisen, dass dem Senat auch die Vorsitzende der Telekom-Control-Kommission angehörte). Und von der Arbeit zu träumen, nützt ebenfalls nichts: auch Schlafen dient grundsätzlich persönlichen unversicherten Bedürfnissen.
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