Saturday, October 28, 2006

Chevron - by any other name?

Die "Chevron deference" ist eine zentale Doktrin der US-amerikanischen Rechtsprechung bei der gerichtlichen Kontrolle von Regulierungsentscheidungen. Im Ausgangsfall Chevron, U.S.A., Inc. v. NRDC, 467 U.S. 837. (1984) hatte sich der Supreme Court mit einer Auslegung des Luftreinhaltegesetzes durch die Environmental Protection Agency (EPA) zu befassen und ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass sich das Gericht im Fall einer auslegungsbedürftigen Rechtslage einer zulässigen (permissible) bzw. vernünftigen (reasonable) Auslegung durch die zuständige Regulierungsbehörde zu fügen (to defer) hat.


With regard to judicial review of an agency's construction [dt: Auslegung] of the statute which it administers, if Congress has not directly spoken to the precise question at issue, the question for the court is whether the agency's answer is based on a permissible construction of the statute.

Das Gericht hat demnach nicht eine eigene Auslegung vorzunehmen, sondern gewissermaßen nur die Schlüssigkeit der Auslegung durch die Regulierungsbehörde zu prüfen. Ausdrücklich hat dies der Supreme Court in der Entscheidung NCTA v. Brand X aus dem Jahr 2005 so formuliert:


Chevron requires a federal court to defer to an agency’s construction, even if it differs from what the court believes to be the best interpretation, if the particular statute is within the agency’s jurisdiction to administer, the statute is ambiguous on the point at issue, and the agency’s construction is reasonable.
In der Brand X-Entscheidung wurde nicht nur akzeptiert, dass es sich die Regulierungsbehörde anders überlegt und ihre Auslegung im Lauf der Zeit ändert (sofern dies nicht willkürlich erfolgt, was aber bei einer gründlichen neuen Analyse nicht der Fall ist: "There is nothing arbitrary or capricious about applying a fresh analysis" - schon Chevron betraf übrigens eine geänderte Auslegung). Im Fall Brand X stand die geänderte Auslegung durch die Regulierungsbehörde zudem im Widerspruch zu einer Gerichtsentscheidung, mit der die frühere Auslegung bestätigt worden war. Dennoch hat der Supreme Court (anders noch als der Court of Appeal for the Ninth Circuit) entschieden, dass sich das Gericht der (geänderten) Auslegung durch die Regulierungsbehörde fügen muss.

Was aber hat Chevron mit dem österreichischen Regulierungsrecht zu tun? Auf den ersten Blick: nichts (vielleicht mag man Parallelen im Bereich der Ermessensentscheidungen sehen). Hier haben sich die Gerichte nicht einer geänderten Auslegung durch die Regulierungsbehörde, wohl aber einer geänderten Rechtslage zu fügen - wenn man sich etwa die Novelle zur Universaldienstverordnung ansieht, mag das am Ergebnis oft wenig zu ändern. Chevron - by any other name.

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