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Wednesday, April 30, 2008

Rundfunkregulierung: Vorträge an der Wirtschaftsuni Wien

Am 6. Mai 2008, 18 Uhr, stehen in einer Veranstaltung an der Wirtschaftsuniversität Wien "Europäische und nationale Aspekte der Rundfunkregulierung" am Programm. Univ. Prof. Dr. Arno Kahl hält seine öffentliche Antrittsvorlesung zum Thema "Rundfunkregulierung durch europäisches Wettbewerbsrecht" - ein spannendes Thema nicht nur angesichts des laufenden Beihilfenverfahrens zur ORF-Finanzierung (in dem in diesen Tagen die Stellungnahme der Republik an die Kommission abgeschickt wurde). Ich werde mich im Anschluss daran in einem kurzen Beitrag mit Fragen der nationalen "Rundfunkregulierung zwischen Public Value und Private Enterprise" beschäftigen. Die Veranstaltung ist öffentlich und frei zugänglich, eine Einladung ist hier.

Monday, April 28, 2008

Roaming-Verordnung vor dem EuGH

Noch bevor die Ausweitung der Roaming-Verordnung auf Datendienste erfolgt, wie dies Kommissarin Reding in Aussicht stellt, falls die Datenroaming-Tarife nicht von den Betreibern selbst bis zum 1. Juli dieses Jahres radikal abgesenkt werden, liegt nun dem EuGH schon die Frage vor, ob überhaupt die Regulierung der Roaming-Endkundenpreise für Sprachanrufe zulässig ist.

Die Queen's Bench des High Court of Justice (England & Wales) ersucht den EuGH in der Rs C-58/08 Vodafone u.a., um Antwort auf die Frage, ob die Endkundenpreisregulierung durch Art 4 der Verordnung (EG) Nr. 717/2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft gültig ist. Konkret lautet die Frage:
"Ist Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 717/2007 (in Verbindung mit den Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 3, soweit sie sich auf den Eurotarif und den Eurotarif betreffende Verpflichtungen beziehen) ungültig, weil die Festsetzung einer Preisobergrenze für Endkundenroamingentgelte gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und/oder den Subsidiaritätsgrundsatz verstößt?"

Meine Übersicht über die anhängigen Fälle habe ich ergänzt. Die Kommission hat letzte Woche auch ein neues "Factsheet" zum Roaming veröffentlicht, außerdem hat sie den Bericht über die Preisentwicklung im Telekommarkt in den Jahren 1998-2007 veröffentlicht, in dem Roaming übrigens gar nicht vorkommt. Nicht einmal im sogenannten "High Usage Basket" - der mit 140 Anrufen, 55 SMS und 1 MMS pro Monat ein bemerkenswert zurückhaltendes Verständnis von "High Usage" zugrundelegt - kommt ein Roaming-Anruf vor, weder aktiv noch passiv, und das obwohl die Kommission die Roamingentgelte doch als zentrales Problem identifiziert hat.

Höchst-Verordnung vor dem Höchstgericht

Eine Verordnung der Gemeinde Höchst beschäftigt derzeit den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 3. März 2008, B 329/07, leitete er ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gemeindevertretung von Höchst vom 26. März 2006 über die Errichtung von
Antennenanlagen für Mobilfunk ein. § 1 dieser Verordnung lautet: "Im gesamten Ortsgebiet von Höchst dürfen keine Antennenanlagen für den Mobilfunk, sowohl freistehende als auch auf Gebäuden angebrachte Antennenanlagen errichtet werden." § 2 sieht eine Ausnahme vor, wenn der Antragsteller nachweist, "dass eine Versorgung der Bevölkerung von Höchst nicht mehr gewährleistet ist und [!] auch ein tatsächlicher Bedarf besteht".

Die Prüfung bezieht sich nur darauf, ob die Verordnung mit § 17 Abs 4 des Vorarlberger Baugesetzes vereinbar ist; nach dieser Bestimmung kann die Gemeindevertretung zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes durch Verordnung bestimmen, dass Antennenanlagen für Mobilfunk (so wie Ankündigungen und Werbeanlagen) "nur in einer bestimmten Form und Größe ausgeführt und innerhalb der Gemeinde nur an bestimmten Orten errichtet oder an bestimmten Orten nicht errichtet werden dürfen." Dabei ist - immerhin! - "auf die telekommunikationstechnischen Erfordernisse Rücksicht zu nehmen."

Ein generelles undifferenziertes Verbot der Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk dürfte nach Anischt des VfGH in dieser Bestimmung keine Deckung finden. Ob nicht schon die Bestimmung des § 17 Abs 4 Vbg BauG gleicheitswidrige sein könnte, weil sie zwar Antennenanlagen für Mobilfunk, nicht aber zB Antennenanlagen für den festen Funkdienst Beschränkungen unterwirft, ist damit nicht Prüfungsgegenstand des VfGH in diesem Verfahren.

Die kleinen grünen Kreise auf dem Bild oben sind übrigens die Mobilfunk-Senderstandorte im Gebiet von Höchst, wie sie im Senderkataster ausgewiesen sind. "Aufgrund von datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgt keine metergenaue Standortposition" heißt es dort unter den FAQs. Eine Streitigkeit zur Frage, wie genau über Senderstandorte Auskunft zu geben ist, hat im UK schon die Gerichte beschäftigt. Das Information Tribunal hat dort im vergangenen Jahr eine Entscheidung des Information Commissioner bestätigt, wonach die Regulierungsbehörde Ofcom die Daten ihres Senderkatasters ("sitefinder") als gesamte Datenbank samt geographischen Koordinaten herausgeben muss (Entscheidung vom 4. September 2007).

Ähnlich wie der österreichische Senderkataster beruht auch der sitefinder überwiegend auf freiwillig übermittelten Daten der Mobilfunkbetreiber. Der österreichische Senderkataster ist allerdings kein Projekt der Behörde, sondern des Forums Mobilkommunikation, an dessen Zustandekommen laut Website allerdings "auf freiwilliger Basis" nicht nur die Betreiber, sondern auch das Bundesministerium für Verkehr, Information und Technologie "aktiv mitgewirkt" hat. Die Mitwirkung des BMVIT dürfte allerdings einiges dazu beigetragen haben, die "Freiwilligkeit" der Datenlieferung durch die Mobilfunker zu befördern, zumal vor der Schaffung des TKG 2003 auch gesetzliche - verpflichtende - Lösungen schon recht konkret dieskutiert worden waren. Dass man für (grundsätzlich) behördlich genehmigte Funkanlagen auf freiwillige Datenlieferungen der Genehmigungsinhaber angewiesen ist, dürfte freilich eher praktische (Personalknappheit, Kosten für Datenbank-Aufbereitung?) als rechtliche Gründe haben.

Zur Veranschaulichung der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds von Höchst durch Antennenanlagen kann man übrigens auch auf die Gemeindewebsite schauen, zB für einen Standort gleich hinter der Shell-Tankstelle.

Thursday, April 24, 2008

Historische Kosten, historische Rechtslage - EuGH Rs C-55/06 Arcor

In seiner heutigen Entscheidung in der Rechtssache C-55/06 Arcor hat der EuGH eine Reihe von Fragen des Verwaltungsgerichts Köln zur Auslegung der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss beantwortet. Die Verordnung hat im Hinblick auf Art 27 der Rahmenrichtlinie keinen praktischen Anwendungsbereich mehr, einige der Antworten sind aber auch für den neuen Rechtsrahmen relevant, vor allem wenn spezifische Verpflichtungen der Zugangsgewährung zum entbündelten Teilnehmeranschluss und der Kostenorientierung auferlegt wurden.

Die Frage, ob dem kostenorientierten Zugangsentgelt historische Kosten oder Wiederbeschaffungskosten zugrundegelegt werden müssen, beantwortet der EuGH - nachdem er zunächst ausgiebig feststellt, was alles in der Verordnung nicht geregelt ist - doch etwas kryptisch. Zunächst sagt er einmal "weder noch":

Rnr. 109: "Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Verordnung Nr. 2887/2000 sowie die Richtlinien 97/33 und 98/10 des alten Rechtsrahmens keinen Anhaltspunkt enthalten, der für eine ausschließlich auf den aktuellen Kosten oder den historischen Kosten beruhende Berechnungsmethode spricht, und dass die ausschließliche Heranziehung einer dieser Grundlagen das mit der Verordnung verfolgte Ziel, den Wettbewerb durch die Festlegung harmonisierter Bedingungen für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu intensivieren, um so die wettbewerbsorientierte Bereitstellung einer breiten Palette von Diensten im Bereich der elektronischen Kommunikation zu begünstigen, gefährden kann."
Und dann kommt "entweder und oder": In Rnr. 119 stellt der EuGH fest, dass die NRB (nationalen Regulierungsbehörden)

"bei der Ermittlung der Grundlage für die Berechnung der Kosten des gemeldeten Betreibers die tatsächlichen Kosten berücksichtigen müssen, d. h. die historischen Kosten des gemeldeten Betreibers sowie die voraussichtlichen Kosten, wobei letztere gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren sind."
Zusammengefasst: weder historische, noch aktuelle, sondern tatsächliche Kosten - ob das den NRB wirklich hilft?

Demgegenüber sicher hilfreich für die NRB sind die Aussagen zu den Kostenrechnungssystemen: Zunächst hält der EuGH (in Rnr. 127) fest, dass es allein Sache der NRB ist, "auf der Grundlage des anwendbaren Rechts zu prüfen, ob die vorgelegten Unterlagen die für die Zwecke der Kostenrechnung am besten geeigneten sind." Und welche KoRe-Methode anzuwenden ist, überlässt das Gemeinschaftsrecht ebenfalls den NRB (Rnr. 132), sodass die NRB die Kosten "mangels vollständiger und nachvollziehbarer Kostenunterlagen auf der Grundlage eines analytischen Top-down- oder Bottom-up-Kostenmodells bestimmen" können (Rnr. 134).
[Update: Verfahrenssprache war zwar deutsch, die Kostenrechnungs-Terminologie ist aber in der englischen Sprachfassung stimmiger oder zumindest besser nachvollziehbar: mit den "voraussichtlichen Kosten" sind "forward-looking costs" gemeint (sonst üblicherweise als "zukunftsorientierte Kosten" bezeichnet), "aktuelle Kosten" sind "current costs"]

In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestätigt der EuGH die in der Rs C-426/05 Tele2 (siehe dazu hier) getroffenen Aussagen auch für die im vorliegenden Fall noch maßgebende Rechtslage nach Art 5a der Richtlinie 90/387/EWG (in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG), sodass dem Zugangsberechtigten ein Rechtsbehelf gegen die Preisfestsetzung für den Zugang zum Teilnehmeranschluss zukommen muss.

Abschließend eine kurze Zusammenstellung, welche Regelungen der EuGH ausdrücklich nicht in den Rechtsvorschriften vorgefunden hat:
  • Rnr. 48 "Vor der Beantwortung dieser Fragen ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 2887/2000 keine Definition des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss enthält."
  • Rnr. 55 "... ist jedoch festzustellen, dass die Richtlinien 97/33 und 98/10 keine Definition des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise bieten."
  • Rnr. 87 "Vorab ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 2887/2000 keine Angaben zur Berechnungsgrundlage der Kosten enthält, die bei der Festlegung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu berücksichtigen sind."
  • Rnr. 122 "Zum Nachweis der anhand vollständiger und nachvollziehbarer Kostenunterlagen im Rahmen der Anwendung des Preisbildungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 zu berücksichtigenden Kosten ist festzustellen, dass diese Verordnung und die Richtlinien 97/33 und 98/10 hierzu keine Bestimmung enthalten."
  • Rnr. 124: "Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann in Ermangelung einer entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung allein aus Anhang V der Richtlinie 97/33 nicht abgeleitet werden, ..."
  • Rnr. 127 "Da das Gemeinschaftsrecht keine Bestimmung über die zu prüfenden Kostenunterlagen enthält, ..."
  • Rnr. 129: "Weder die Verordnung Nr. 2887/2000 noch die Richtlinien 97/33 und 98/10 enthalten konkrete und übereinstimmende Anhaltspunkte zur Frage des vorlegenden Gerichts."
  • Rnr. 131 "Aus der Verordnung Nr. 2887/2000 und den im Ausgangsverfahren anwendbaren Rechtsakten des alten Rechtsrahmens ergibt sich daher, dass keine rechtlich hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass sich der Gemeinschaftsgesetzgeber für ein Top-down- oder ein Bottom-up-Buchungsmodell ausgesprochen hätte."
  • Rnr. 132: "In Ermangelung sonstiger Hinweise ist festzustellen, dass es das Gemeinschaftsrecht den NRB überlässt, auf der Grundlage des anwendbaren Rechts die Kostenrechnungsmethoden zu verwenden, die ihnen im Einzelfall am besten geeignet erscheinen."

Sunday, April 20, 2008

Krypto-Kommunikation: Kundmachung der ORF-Programmentgelte

Der ORF, das größte Kommunikationsunternehmen Österreichs, muss manchmal - kraft Gesetzes - auch per "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kommunizieren. So etwa vor wenigen Tagen zur Kundmachung des neuen Programmentgelts.
Der ORF gab aber nicht nur (in Punkt 1. der Kundmachung) die Höhe des Radio- und Fernsehentgelts bekannt, sondern hängte noch einen zweiten Punkt mit folgendem Wortlaut an:
"2. Die Bestimmungen des Punktes II des Aufsichtsratsbeschlusses der Österreichischen Rundfunkgesellschaft m.b.H. vom 5. Dezember 1972, kundgemacht im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' vom 7. Dezember 1972, bleiben unverändert."
Gut zu wissen. Für diejenigen, die nicht sofort das Amtsblatt vom 7. Dezember 1972 zur Hand haben, darf ich ein wenig nachhelfen. Folgendes stand in der zitierten Kundmachung unter II.:
Die einfache Frage wäre zunächst, ob der ORF -als Kommunikationsunternehmen - wirklich auf ein mehr als 35 Jahre altes Amtsblatt verweisen muss, um den Betroffenen etwas mitzuteilen.
Die schwierigere Frage ist allerdings: was will uns der ORF mit dieser kleinen Rätselrallye sagen? Nicht einmal der Stiftungsrat könnte wohl, auch wenn er zu vielem fähig ist, den Beschluss des damaligen Aufsichtsrates der damaligen Österreichischen Rundfunkgesellschaft m.b.H. (nach dem Rundfunkgesetz 1966) ändern. Also wird wohl gemeint sein, dass durch Beschluss des Stiftungsrates der Inhalt dieses alten Aufsichtsratsbeschlusses auch zum Inhalt des aktuellen Stiftungsratsbeschlusses über das Programmentgelt gemacht wurde. So weit, so einfach: aber jetzt wäre noch interessant, was das heute bedeuten soll.
Die Antragsfrist 31. Dezember 1973 ist vorbei, die Post- und Telegraphenverwaltung gibt es längst nicht mehr, genausowenig eine Rundfunkhauptbewilligung. Hat der Stiftungsrat eine Zeitmaschine erfunden? Oder soll das vielleicht heißen, dass jene, die 1972 zwar ein Fernsehgerät, aber kein Hörfunkgerät besaßen, und bei denen sich seither nichts an dieser Situation geändert hat, auch weiterhin einen Rabatt in der Höhe des nunmehr Radioentgelt genannten früheren Hörfunkentgelts bekommen? Wenn es diese Menschen denn geben sollte, wäre das wohl eine sehr überschaubare Anzahl.
Bliebe als letzte Interpretationsmöglichkeit noch, dass es auch weiterhin möglich sein soll, mit "verbindlicher schriftlicher Erklärung", dass man zwar ein Fernsehgerät, aber kein Hörfunkgerät betreibt (was wohl nur denkbar ist, wenn man ausschließlich terrestrisch empfängt), beim Fernsehentgelt einen "Rabatt" in der Höhe des Radioentgelts zu erhalten.
Da in meinem Haushalt wenig überraschend sowohl Radio- als auch Fernsehgerät vorhanden sind, muss ich glücklicherweise keine endgültige Antwort auf diese schwierige Interpretationsfrage finden ...

Saturday, April 19, 2008

Online-Durchsuchung erlaubt?

Auch bei der Online-Durchsuchung ist Österreich wieder etwas später dran als Deutschland (dort gibt es ja schon ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit einem neuen deutschen Grundrecht mit langem deutschen Namen [Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme], und mittlerweile gibt es auch schon den Beschluss der deutschen Bundesregierung, es nochmal zu versuchen, und dabei auch gleich die Videoüberwachung mitzuregeln).
Das mit der Videoüberwachung dürfte auch in Österreich nun schneller gehen, für die Online-Durchsuchung hatte man zunächst einmal eine Expertengruppe eingesetzt. Deren Bericht ist nun fertig und jetzt ist das Justizministerium am Zug, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Der Bericht der Expertengruppe wurde sogar, was gar nicht so selbstverständlich ist, im Internet veröffentlicht (auch die Anhänge, in denen gewissermaßen das Rohmaterial des Endberichts enthalten ist: Teil 1, Teil 2). Der Bericht bringt eine gute Übersicht sowohl aus technischer als auch rechtlicher Sicht, ergänzt durch Berichte über die Situation in anderen Staaten. Der Zusammensetzung der Expertengruppe entsprechend ist das Ergebnis nicht affirmativ, sondern abwägend kritisch. Die für diesen Blog relevanten telekommunikationsrechtlichen Fragestellungen im engeren Sinn geben aber nicht allzu viel her, die auch rechtlich spannenden Fragen liegen im polizeilichen, strafprozessualen und grundrechtlichen Bereich.
Das Innenministerium will sogar über die Online-Untersuchung diskutieren: in einer Tagung am 23. April 2008, ab 10 Uhr, im Hotel Modul in Wien, veranstaltet gemeinsam mit dem sogenannten "Kuratorium Sicheres Österreich". Präsident dieses Vereins, der praktischer Weise seine Anschrift gleich im Innenministerium hat, ist übrigens der ehemalige Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit ("GDfdöS i.R.", steht in der Einladung) Michael Sika, bekannt geworden durch Ansichten, die nicht nur Florian Klenk im Falter (bei der Rezension des Sika-Buchs "Innenansichten der Republik") "ein wenig an die Moral eines Generals aus dem Südamerika der Achtzigerjahre" erinnert haben.

Who is-Abfrage verboten?

Dürfen Bundesministerien die IP-Adressen der Besucher ihrer Website speichern? In Deutschland wurde darüber schon letztes Jahr im Anschluss an ein Urteil des LG Berlin heftig diskutiert. Das LG Berlin sagte übrigens nein:

In Österreich wurde eine Diskussion zu diesem Thema gar nicht erst geführt. Nur Jackie Maier, der wahrscheinlich fleißigste Anfragesteller im Nationalrat (und stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrates), fragte zumindest beim Bundeskanzler an, wie es mit der Speicherung von IP-Adressen bei Websites der Bundes-, Landes- und Gemeinde-Dienststellen so aussieht. Die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers vom 3. April 2008 brachte jedenfalls für mich eine Überraschung. Dass die IP-Adressen der Besucher gespeichert werden, war natürlich zu erwarten, aber dass dies schon deswegen kein Problem sei, weil man daraus mit legalen Mitteln keinen Personenbezug herstellen könne, war mir neu:

Nun ist das bei dynamischen IP-Adressen insoweit richtig, als man die einzelnen User dahinter nicht einfach wo nachschlagen kann. Aber auch dabei kann ich leicht herausfinden, ob diese User zum Beispiel eher von der Telekom oder von UPC kommen. Und viele IP-Adressen sind auch klar bestimmten Unternehmen (das Datenschutzgesetz gilt ja in Österreich auch für juristische Personen) oder sonstigen Einrichtungen zugeordnet. Nehmen wir einmal an, unter den Besuchern meiner Website würde - rein hypothetisch ;-) - die IP-Adresse 78.41.144.41 aufscheinen. Eine kleine Whois-Abfrage brächte folgendes Ergebnis:






Wäre das jetzt eine verbotene Nachforschung, oder sind das wirklich keine personenbezogenen Daten (samt Namen, Abteilung, Nebenstelle des Admin-C)? Auch wenn die Whois-Abfrage natürlich nichts darüber sagt, wer aus dem Bundeskanzleramt konkret auf der Website war, so hätte ich damit doch die Information, dass irgendwen im BKA die Seite interessiert. Die Frage, ob ein Personenbezug besteht, ist ja nicht nur auf der Ebene der "Letzt-User" relevant, sondern zum Beispiel auch hinsichtlich der juristischen Personen, deren MitarbeiterInnen die Seite ansurfen.

Thursday, April 17, 2008

Die Welt der Telekom: Weißrussische Kolchose statt Brüsseler Kommunismus

Boris Nemsic, CEO der Telekom Austria AG, ist bekannt für seine Abneigung gegen den Kommunismus. Schließlich, so betonte er vor wenigen Wochen in einem Interview, habe er "unter dem Kommunismus gelebt". Und daher hat er offenbar auch eine gewisse Skepsis gegen die luxemburgische Christdemokratin und Vorkämpferin des Kommunismus, EU-Kommissarin Viviane Reding.

Weißrussland ist da viel besser: zwar meint das CIA World Factbook dass Präsident Lukashenko wieder staatliche Preiskontrollen eingeführt und das Recht des Staates zur Intervention in der Wirtschaft ausgeweitet habe, und dieselbe Quelle berichtet auch von strikten staatlichen Kontrollen über Telekommunikationstechnologien, doch die Telekom Austria wurde, so Nemsic, "in Weißrussland viel besser behandelt als in Brüssel." Das US State Department (Background Notes) sieht das so:
"Due to the economic and political climate, little new foreign investment has occurred in recent years. ... Economic pressures in 2007 may have led to the unexpected and non-transparent sale of a state telecommunications company to an Austrian firm."

Die Transparenz wird jetzt langsam nachgeholt. Der neue Geschäftsbericht 2007 der Telekom Austria AG weist nämlich auch "Vermögensgegenstände im Segment Mobilkommunikation" aus; darunter die "Beteiligung an einer Kolchose in Weißrussland".

Schade eigentlich, dass diese Beteiligung nur zur Veräußerung gehalten wird. Denn wenn demnächst vielleicht alle Mobilkom-Kunden ohne ihr Zutun einfach zu Kunden der weißrussischen MDC gemacht werden, wie dies die Mobilkom mit ihren Geschäftsbedingungen ermöglichen will, dann wäre so eine Telekom-Austria-Kolchose doch ein schönes Symbol.

Thursday, April 10, 2008

"So what is Public Service Broadcasting, anyway?"

Wohin geht der öffentlich-rechtliche Rundfunk bzw Public Service Broadcasting (PSB)? Im UK denkt man umfassend nach: die Regulierungsbehörde Ofcom hat heute ein Blog zur Zukunft des Public Service Broadcasting (PSB) gestartet, zeitgleich mit dem Beginn der ersten Phase der Konsultation zum zweiten PSB-Review. Das erste Post im Blog fragt gleich "So what is Public Service Broadcasting, anyway?"

Die Konsultation wird natürlich "ergebnisoffen" dargestellt (Zitat: "And once we've got some feedback on that, we'll finally make our minds up early in 2009.") . Aber wenn man sich Ofcom CEO Ed Richards anhört (Video vom "launch event"), hat man nicht das Gefühl, dass sich an seinen Ansichten - zum Beispiel zur Neuverteilung der licence fee unter stärkerer Einbeziehung kommerzieller Veranstalter nach dem Abschluss der Digitalisierung - noch viel ändern könnte.

Ebenfalls heute hat Ofcom den neuesten Jahresbericht über die Prüfung des PSB-Auftrags ins Web gestellt: "Public Service Broadcasting - Annual Report 2008".

In Österreich ist eine Überprüfung, ob bzw. wie der ORF seine öffentlich-rechtlichen Aufträge erfüllt, (derzeit!) nicht vorgesehen. Die heute von der RTR präsentierte Programmanalyse ist eine wissenschaftliche Untersuchung des Programmprofils österreichischer Fernsehvollprogramme (auch im Vergleich zu solchen aus der Schweiz und Deutschland), die natürlich keine Beurteilung vornimmt (vornehmen kann), ob der Programmauftrag eingehalten wurde. Was der ORF als Erfüllung seines Auftrags ansieht, hat er jährlich bis zum 31. März dem Nationalrat und dem Bundesrat zu berichten (siehe § 8 ORF-Gesetz). Auf der Website des ORF sucht man den Bericht allerdings vergeblich (und nein, gemeint ist nicht der Geschäftsbericht, auf den man in der Regel verwiesen wird, wenn man nach dem Jahresbericht gemäß § 8 ORF-G fragt). Außer durch einen kurzen Bericht von Harald Fidler im Standard nimmt wohl kaum jemand davon Notiz (auch im Parlament übrigens nicht: in tatsächliche parlamentarische Behandlung wurden die Berichte bislang nicht genommen).

Die Schmerzen des eingebildeten Kranken bleiben: EuG bestätigt Geldbuße gegen Deutsche Telekom

In einer Entscheidung vom 21. Mai 2003 hatte die Kommission den Missbrauch einer beherrschenden Stellung und damit die Verleztung des Art 82 EG-Vertrag durch die Deutsche Telekom AG wegen des Price-Squeeze beim Zugang zum entbündelten Teilnehmeranschluss festgestellt. Seit 1998, so die Entscheidung der Kommission, hatte die DTAG "für den Zugang zum Ortsnetz von ihren Wettbewerbern und von ihren Endkunden unangemessene Monats- und Einmalentgelte erhoben und hierdurch den Wettbewerb auf dem Markt für den Zugang zum Ortsnetz erheblich behindert." Dafür verhängte die Kommission 12,6 Mio Euro Bußgeld.
Die Deutsche Telekom, zuletzt von Generalanwalt Colomer als "eingebildeter Kranker" bezeichnet, hat dagegen das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften angerufen, das heute - fast fünf Monate später und zehn Jahre nach dem Beginn des von der Kommission festgestellten Wettbewerbsverstoßes - sein Urteil in der Rechtssache T-271/03 Deutsche Telekom/Kommission gefällt hat. Das EuG hat alle Klagegründe der DTAG abgewiesen und die Kommissionsentscheidung bestätigt (die Entscheidung ist hier, die Presseaussendung des EuG ist hier zu finden).
Das EuG hat insbesondere die Rechtsauffassung der Kommission bestätigt, dass die Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden die Befugnis der Kommission zur Feststellung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht nicht berühren.
Die Ausführungen zur Rolle der Regulierungsbehörde sind durchaus bemerkenswert: einerseits wird der RegTP (nunmehr Bundesnetzagentur) eingeräumt, dass "zwar die RegTP wie alle staatlichen Organe gehalten ist, die Bestimmungen des EG-Vertrags zu beachten", dass sie im relevanten Zeitraum aber (nur) sektorale Regulierungsbehörde, nicht aber nationale Wettbewerbsbehörde war. Außerdem zeige die Entscheidung, dass die RegTP "die Vereinbarkeit der fraglichen Entgelte mit Art. 82 EG nicht geprüft oder jedenfalls Art. 82 EG fehlerhaft angewandt hat". Auf jeden Fall aber habe die Deutsche Telekom "trotz der Beteiligung der RegTP an der Festsetzung der Entgelte ... über ausreichenden Handlungsspielraum verfügt" und ihre Entgeltpolitik fällt somit in den Geltungsbereich des Art. 82 EG.
[Zur Verpflichtung nationaler Regulierungsbehörden, die Vereinbarkeit bestimmter Verhaltensweisen mit Art. 81 und 82 EG zu prüfen, siehe übrigens für Österreich VwGH 7.9.2004, 2003/05/0094, und 17.12.2004, 2004/03/0060]

"Der menschliche Faktor ist nicht Gegenstand": Mobilkommunikation an Bord von Flugzeugen

Mit der heute im Amtsblatt veröffentlichten Entscheidung 2008/294/EG der Kommission vom 7. April 2008 über harmonisierte Frequenznutzungsbedingungen für den Betrieb von Mobilfunkdiensten an Bord von Flugzeugen (MCA-Diensten) in der Europäischen Gemeinschaft will die Kommission ermöglichen, dass in Flugzeugen auch während des Fluges mit GSM-Mobiltelefonen im 1800 MHz-Band telefoniert werden kann.. Die Verbindung erfolgt nicht direkt über Basisstationen am Boden, im Gegenteil: das Einbuchen in Boden-Basisstationen muss unterbunden werden, für den Betrieb der MCA-Dienste ist auch eine Mindestflughöhe von 3000m festgesetzt.

Die Entscheidung wird ergänzt durch eine Empfehlung der Kommission, die sich auf die Koordinierung der nationalen Genehmigungsbedingungen bezieht. Ausdrücklich heißt es dort:
"Der menschliche Faktor bei der Nutzung von MCA-Diensten und die Satellitenkommunikation zwischen Flugzeugen und Weltraumstationen sind nicht Gegenstand dieser Empfehlung."


In der am Tag der Kommissionsentscheidung kundgemachten Änderung der österreichischen Frequenznutzungsverordnung (Hauptteil, Anlage) - die auch andere Kommissionsentscheidungen zur Harmonisierung der Frequenznutzung berücksichtigt - sind die MCA-Dienste noch kursiv (als zukünftig vorgesehene Nutzung) im Frequenznutzungsplan eingetragen.

Friday, April 04, 2008

DVB-H: Standards und Bescheide

Ob sich der Start für "Handy-Fernsehen" über DVB-H noch vor der Fußball-Europameisterschaft ausgeht? Seit dieser Woche ist die "Zulassung zum Betrieb einer Multiplex-Plattform für mobilen terrestrischen Rundfunk" jedenfalls rechtskräftig, da der Bundeskommunikationssenat mit Bescheid vom 31. März 2008 die gegen den Zulassungsbescheid der KommAustria vom 29. Februar 2008 erhobene Berufung abgewiesen hat. Im Berufungsverfahren strittig war dabei gar nicht die Auswahlentscheidung; die Berufungsgründe betrafen ausschließlich "Fragen der Gesetzmäßigkeit des Antrages" der MEDIA BROADCAST GmbH, der die Zulassung erteilt worden war.

Laut heutiger Pressemitteilung hat sich die Media Broadcast nun auch mit der ORS auf eine Kooperation bei Aufbau und Betrieb des DVB-H-Netzes geeinigt und will alle Spielstädte der Fußball EM "von Beginn an" versorgen. Die ORS selbst hatte ja auch einen eigenen Zulassungsantrag eingebracht, der aber von der KommAustria zurückgewiesen wurde; ein weiterer Antrag - jener der Telekom Austria TA AG - wurde abgewiesen. Beim Symposion des Publizistik-Instituts der Universität Wien zum Thema "Mobile TV: For Your Eyes Only" am 22. April 2008 sind aber (fast) alle wieder als Sponsoren und Referenten vereint: Media Broadcast, ORS, ORF, TA, mobilkom ... - sollte interessant werden!

Dazu passend heute im Amtsblatt der EU: die Entscheidung der Kommission, den DVB-H-Standard in die Liste der Normen nach Art 17 der Rahmenrichtlinie aufzunehmen. Der volle Titel lautet: Entscheidung der Kommission vom 17. März 2008 zur Änderung der Entscheidung 2007/176/EG über das Verzeichnis der Normen und Spezifikationen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehörige Einrichtungen und Dienste (2008/286/EG) . Rechtlich bedeutet dies nur, dass die Mitgliedstaaten die Anwendung dieser Norm zu fördern haben, "soweit dies unbedingt notwendig ist, um die Interoperabilität von Diensten zu gewährleisten und den Nutzern eine größere Auswahl zu bieten." In den Äußerungen der Kommissarin klingt das aber oft so, als wäre damit die DVB-H Norm europaweit verbindlich festgelegt. Wer die Norm nachlesen will, der kann das hier tun.

Wednesday, April 02, 2008

Lesestoff zum Telekomrecht

Wer sich mit Telekomrecht beschäftigt, hat immer genug zu lesen - hier ein paar Hinweise auf aktuell Lesenswertes (ohne näheren Zusammenhang):

Zu dem vom EuGH am 21. Februar 2008 entschiedenen Vorabentscheidungsverfahren C-426/05 Tele2 (dazu hier) betreffend das Recht auf Erhebung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen in Marktanalyseverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof nun im Ausgangsverfahren entschieden - siehe dazu die Pressmitteilung und das Erkenntnis 2008/03/0020. Die Regulierungsbehörde hat darauf bereits reagiert und sucht allfällige unbekannte Parteien in einem anhängigen Verfahren mittels Edikt. (zum konkreten Verfahren siehe auch die Stellungnahme der Europäischen Kommission im Rahmen des Artikel 7 Verfahrens).

Der "13. Umsetzungsbericht" (Titel diesmal: Bericht über den Stand des Europäischen Binnenmarkts der elektronischen Kommunikation 2007) der Europäischen Kommission stellt den Mitgliedstaaten wieder das jährliche Zeugnis (freilich mit ausschließlich verbaler Beurteilung) aus. Im - immer kürzer werdenden - eigentlichen Bericht wird Österreich dreimal erwähnt: zweimal positiv (Zuwachs bei Datenkarten für den mobilen Breitbandzugang und im Bereich Voice over IP), einmal kritisch (Regulierungsbehörden ohne hinreichend wirksame Durchsetzungsbefugnisse, insbesondere bei finanziellen Sanktionen).

Detaillierter sind die Staff Working Documents (Annex I mit einer ausführlicheren Beschreibung der regulatorischen Entwicklungen und den Länderberichten; Annex II mit näheren Marktdaten). Im Bericht zu Österreich (Annex I, ab Seite 238) nimmt die Kommission unter anderem auch ausdrücklich auf die Diskussion über die Neuordnung Regulierungsbehörden Bezug und kündigt ihre Wachsamkeit an ("The Commission services will continue to monitor this process closely." - aber das Beobachten ist überhaupt eine der Lieblingsbeschäftigungen der Kommission, siehe zB hier oder hier)

NASE: Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH hat die "NASE 2007" (Nachfrageseitige Erhebung über den österreichischen Telekommunikationsmarkt) veröffentlicht. Aufbauend auf Befragungen von Privatkunden einerseits und Geschäftskunden andererseits liefert die NASE Informationen nicht nur über die Ausstattung mit Festnetzanschluss, Mobiltelefon und Internet, sondern vor allem auch Nutzungsdaten (zum Beispiel über die Kriterien für die Auswahlentscheidung, die monatlichen Ausgaben, und auch über die Gründe für/gegen die Nutzung der Mobilnummern-Portierung). Mit dem Kommunikationsbericht, dem vierteljährlichen Telekom-Monitor und der NASE liegt damit ein recht dichtes Angebot öffentlich zugänglicher Telekom-Marktdaten vor.

Die European Regulators Group (ERG) hat nach ihrer letzten Sitzung Ende Februar nun auch wieder ein paar Dokumente auf ihrer Website veröffentlicht. Von besonderem Interesse ist dabei natürlich die Common Position on symmetry of fixed call termination rates and symmetry of mobile call termination rates (ERG (07)83), samt dem Bericht über die zu diesem Thema durchgeführte Konsultation. Die Kommission weist jedenfalls nicht nur in diversen Interviews und Reden der Kommissarin, sondern auch in den Comments-Letters im Artikel 7-Verfahren (zuletzt etwa hier betreffend H3G in Irland) konsequent darauf hin, dass sie einen einheitlichen europäischen Zugang zum Thema mobile Terminierungsentgelte wünscht (siehe auch hier die Liste der Artikel 7-Entscheidungen der Kommission).

Eine weitere Common Position der ERG wurde zu Remedies im Mietleitungsmarkt veröffentlicht (ERG(07)54 sowie Bericht über die Konsultation ERG(07)54b).

Und wer schließlich einen Blick auf die Entwicklungen bei unseren deutschen Nachbarn werfen will, der kann den heute von der deutschen Regulierungsbehörde Bundesnetzagentur veröffentlichten Jahresbericht 2007 lesen.

Tuesday, April 01, 2008

Generalanwalt Colomer: die Deutsche Telekom als eingebildeter Kranker

Die heutigen Schlussanträge von Generalanwalt Colomer in der Rechtssache C-152/07 bis C-154/07 Arcor, Tele2 und 01051 Telekom sind wie immer mit pointierten Literaturzitaten versehen - und die Deutsche Telekom, von Colomer mit einem "eingebildeten Kranken" verglichen, kommt dabei gar nicht gut weg.

In der Sache geht es um Aufschläge zum Zusammenschaltungsentgelt, die zur Finanzierung des Zugangsdefizits der Deutschen Telekom im Jahr 2003 von der deutschen Regulierungsbehörde festgelegt worden waren (wenn auch nur für kurze Zeit). Dass diese Zuschläge nicht mit der (alten) Wettbewerbsrichtlinie 90/388/EWG und der (alten) Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG vereinbar waren, ist für den Generalanwalt evident (zur Entscheidung siehe auch schon den Beitrag auf contentandcarrier). In einigen seiner Ausführungen wird der Generalanwalt nicht nur gegenüber der DeutschenTelekom sehr deutlich:

"Gleichwohl versteht die frühere, von der deutschen Regierung unterstützte
Monopolinhaberin in ihrem Vorbringen den Art. 4c der Richtlinie 90/388 in einer eigenartigen, meines Erachtens nicht zu begründenden Weise." (Rn 41)

"So wird die Deutsche Telekom durch einen Protektionismus begünstigt, der den Art. 82 EG ff. zuwiderläuft und überdies endogam zu sein scheint, da die Bundesrepublik Deutschland, wie die Deutsche Telekom in ihren Erklärungen bestätigt hat, an dieser eine Kapitalbeteiligung von 31,7 % hält" (Rn 55)

"Wie ein eingebildeter Kranker beklagt sich die Deutsche Telekom über das anachronistische Defizit, für das meines Erachtens sie selbst allein verantwortlich ist." (Rn. 65)

Und dem (wieder einmal) vorsichtigen Bundesverwaltungsgericht, das um Vorabentscheidung ersucht hatte, bescheidet der Generalanwalt: "Es bestehen keine Gründe für das Zögern" (Rn 108).

Nächste Woche steht beim Gericht erster Instanz übrigens die Entscheidung im Wettbewerbsverfahren wegen überhöhter Entgelte der Deutschen Telekom für entbündelte Teilnehmeranschlussleitungen auf dem Programm (T-271/03).