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Monday, January 30, 2023

Weiteres Update zu den EU-Sanktionen gegen russische Staatsmedien

Ab 1. Februar 2023 treffen die Sanktionen gegen russische Staatsmedien auch NTV/NTV Mir, Rossiya 1, REN TV und Pervyi Kanal. 

"Sendeverbot" für RT und Sputnik

Am 1. März 2022 hat der Rat der Europäischen Union restriktive Maßnahmen ("Sanktionen") gegen bestimmte Medienunternehmen verhängt, die vom russischen Staat kontrolliert werden. Diese Sanktionen gingen über das bis dahin übliche Sanktionsregime deutlich hinaus, und umfassten ein de facto Sende- und Verbreitungsverbot der von diesen Medien hergestellten Inhalte im Raum der EU. Mit der Reichweite dieser - ihrer Art nach vollkommen neuen - restriktiven Maßnahmen habe ich mich noch im März letzten Jahres hier im Blog (und hier auf dem Verfassungsblog) eingehend beschäftigt (siehe auch ein ausführliches Gespräch, das Prof. Nikolaus Forgó mit mir zu diesem Thema führte, als Folge 279 des Ars Boni Video-Podcast auf YouTube). 

Erste Erweiterung der Sanktionen 

Die - befristet verhängten - Sanktionen wurden inzwischen mehrfach verlängert, zuletzt bis 31. Juli 2023. Vor allem aber wurden die gegen die Verbreitung bestimmter Medieninhalte gerichteten Sanktionen auch inhaltlich erweitert und auf weitere Medienkanäle ausgedehnt; siehe dazu diesen Beitrag im Blog.

Gerichtsverfahren

Daneben sind die Sanktionen auch Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen: die Nichtigkeitsklage von RT France wurde vom EuG bereits abgewiesen, das Rechtsmittel von RT France ist zu C-620/22 P beim EuGH anhängig (zum EuG-Urteil siehe im Blog näher hier; update 14.08.2023: das Verfahren vor dem EuGH wurde nach Zurückziehung des Rechtsmittels durch RT France mit Beschluss vom 28.07.2023 aus dem Register gestrichen). Eine weitere Nichtigkeitsklage, die von niederländischen ISPs initiiert wurde, ist noch beim EuG anhängig (T-307/22, A2B Connect u.a./Rat,).  

Zweite Erweiterung der Sanktionen

Mit dem neunten Sanktionspaket wurde im Dezember 2022 auch eine weitere Ausdehnung der Sanktionen gegen die Verbreitung von Inhalten staatlich kontrollierter russischer Medien beschlossen. Demnach sollten auch 

  • NTV/NTV Mir 
  • Rossiya 1 
  • REN TV 
  • Pervyi Kanal 

von den Sanktionen betroffen sein. Rechtlich erfolgte die Ausweitung der Sanktionen durch den Beschluss (GASP) 2022/2478 des Rates vom 16. Dezember 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl L 322 I/614 vom 16. Dezember 2022) und die Verordnung (EU) 2022/2474 des Rates vom 16. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl L 322 I/1 vom 16. Dezember 2022). In beiden Rechtsakten wurde festgehalten, dass die Änderungen des jeweiligen Anhangs, in dem die betroffenen Medien aufgelistet sind, erst ab dem 1. Februar 2023 gelten, "sofern der Rat nach Prüfung der betreffenden Fälle dies im Wege eines Durchführungsrechtsakts einstimmig beschließt" (Beschluss (GASP) 2022/2478) bzw. "vorausgesetzt der Rat beschließt dies nach Prüfung der betreffenden Fälle im Wege eines Durchführungsrechtsakts" (VO (EU) 2022/2474). 

Diese Durchführungsrechtsakte wurden nunmehr beschlossen und heute, am 30. Jänner 2023 kundgemacht: 

  • Beschluss (GASP) 2023/190 des Rates vom 27. Januar 2023 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl L 26/43 vom 30. Jänner 2023
  • Durchführungsverordnung (EU) 2023/180 des Rates vom 27. Januar 2023 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2022/2474 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl L 26/1 vom 30. Jänner 2023)

Update (09.03.2023):

Mit dem zehnten Sanktionspaket wurden die Sanktionen gegen staatlich kontrollierte russische Medien neuerlich erweitert und auf "RT Arabic" und "Sputnik Arabic" ausgeweitet. Rechtlich erfolgte die Ausweitung der Sanktionen durch den Beschluss (GASP) 2023/434 des Rates vom 25. Februar 2023 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 59I vom 25.2.2023, S. 593) und die Verordnung (EU) 2023/427 des Rates vom 25. Februar 2023 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 59I vom 25.2.2023, S. 6). In beiden Rechtsakten wurde festgehalten, dass die Änderungen des jeweiligen Anhangs, in dem die betroffenen Medien aufgelistet sind, erst ab dem 10. April 2023 gelten, "sofern der Rat nach Prüfung der betreffenden Fälle dies im Wege eines Durchführungsrechtsakts beschließt." (Die Mitteilung an "RT Arabic" und "Sputnik Arabic" ist im ABl. C 70I vom 27.2.2023, S. 12, veröffentlicht).

Update (03.04.2023):

Der Beschluss (GASP) 2023/728 des Rates vom 31. März 2023 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren wurde am 3. April 2023 im Amtsblatt veröffentlicht (ABl. L 94 vom 3.4.2023, S. 65). 
Die Durchführungsverordnung (EU) 2023/722 des Rates vom 31. März 2023 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/427 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren wurde am 3. April 2023 im Amtsblatt veröffentlicht (ABl. L 94 vom 3.4.2023, S. 19). Eine Mitteilung an "RT Arabic" und "Sputnik Arabic" wurde ebenfalls am 3. April veröffentlicht (ABl. C 120 vom 3.4.2023, S. 2).
Damit treffen die Sanktionen ab 10. April auch "RT Arabic" und "Sputnik Arabic".

Aktueller Text der Rechtsvorschriften 

Mit Stand 10. April 2023 gelten daher folgende Sanktionen gegen Medien, die vom russischen Staat kontrolliert werden (konsolidierter Text, ohne Gewähr): 

1. Nach dem Beschluss 2014/512/GASP des Rates in der zum 10. April 2023 geltenden Fassung:

Artikel 4g

(1)   Es ist den Betreibern verboten, Inhalte durch die in Anhang IX aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu senden oder deren Sendung zu ermöglichen, zu erleichtern oder auf andere Weise dazu beizutragen, auch durch die Übertragung oder Verbreitung über Kabel, Satellit, IP-TV, Internetdienstleister, Internet-Video-Sharing-Plattformen oder -Anwendungen, unabhängig davon, ob sie neu oder vorinstalliert sind.

(2)   Alle Rundfunklizenzen oder -genehmigungen, Übertragungs- und Verbreitungsvereinbarungen mit den in Anhang IX aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen werden ausgesetzt.

(3)   Es ist verboten, in Inhalten, die von den in Anhang IX aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen erstellt oder gesendet werden, für Produkte oder Dienstleistungen zu werben, einschließlich durch Übertragung oder Verbreitung mittels der in Absatz 1 genannten Möglichkeiten.

...

Artikel 9

Dieser Beschluss gilt bis zum 31. Juli 2023.

...

ANHANG IX

LISTE DER JURISTISCHEN PERSONEN, ORGANISATIONEN UND EINRICHTUNGEN NACH ARTIKEL 4g

RT — Russia Today English
RT — Russia Today UK
RT — Russia Today Germany
RT — Russia Today France
RT — Russia Today Spanish
Sputnik
Rossiya RTR / RTR Planeta
Rossiya 24 / Russia 24
TV Centre International
NTV/NTV Mir 
Rossiya 1 
REN TV 
Pervyi Kanal
RT Arabic
Sputnik Arabic


2. Nach der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates in der zum 10. April 2023 geltenden Fassung:

Artikel 2f

(1)   Es ist den Betreibern verboten, Inhalte durch die in Anhang XV aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen zu senden oder deren Sendung zu ermöglichen, zu erleichtern oder auf andere Weise dazu beizutragen, auch durch die Übertragung oder Verbreitung über Kabel, Satellit, IP-TV, Internetdienstleister, Internet-Video-Sharing-Plattformen oder -Anwendungen, unabhängig davon, ob sie neu oder vorinstalliert sind.

(2)   Alle Rundfunklizenzen oder -genehmigungen, Übertragungs- und Verbreitungsvereinbarungen mit den in Anhang XV aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen werden ausgesetzt.

(3)   Es ist verboten, in Inhalten, die von den in Anhang XV aufgeführten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen erstellt oder gesendet werden, für Produkte oder Dienstleistungen zu werben, einschließlich durch Übertragung oder Verbreitung mittels der in Absatz 1 genannten Möglichkeiten.

...

ANHANG XV

Liste der natürlichen und juristischen personen, organisationen und einrichtungen nach artikel 2f

RT — Russia Today English
RT — Russia Today UK
RT — Russia Today Germany
RT — Russia Today France
RT — Russia Today Spanish
Sputnik
Rossiya RTR / RTR Planeta
Rossiya 24 / Russia 24
TV Centre International
NTV/NTV Mir 
Rossiya 1 
REN TV 
Pervyi Kanal 
RT Arabic
Sputnik Arabic

 

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