Pages

Tuesday, April 02, 2013

Vermischte Lesehinweise (38): Medienvielfalt, Medienregulierung, Telekomrecht, ...

Nach längerer Zeit wieder einmal eine bunte Zusammenstellung von  Lesehinweisen (bzw Links) zu den Schwerpunktthemen dieses Blogs.

1. Medienvielfalt, vor allem zur High-Level Group on Media Freedom and Pluralism
Die im Oktober 2011 von Kommissions-Vizepräsidentin Kroes ad hoc eingesetzte "High Level Group on Media Freedom and Pluralism", bestehend aus der früheren lettischen Präsidentin Prof. Vaira Vīķe-Freiberga als Vorsitzender und Prof. Herta Däubler-Gmelin, Prof. Luís Miguel Poiares Pessoa Maduro und Ben Hammersley als weiteren Mitgliedern, hat am 21.01.2013 ihren Endbericht abgeliefert (mehr dazu auf der Übersichtsseite der Kommission mit dem Endbericht, einer auch deutschsprachigen Zusammenfassung und den Terms of Reference).

Der Bericht enthält einige Empfehlungen, wie sie in der akademischen Diskussion um Medienfreiheit und Medienvielfalt in der einen oder anderen Form schon vielfach gemacht wurden, beinhaltet also für Beobachter der einschlägigen Diskussion nichts wirklich Neues. An Bedeutung gewinnen die Empfehlungen freilich dadurch, dass sie in einem von der Kommission (mit entsprechender PR-Begleitung) eingeladenen Bericht stehen, sodass zu erwarten ist, dass sich die Kommission bei ihrem weiteren Vorgehen daran orientieren könnte (siehe dazu zB den Blogbeitrag von Neelie Kroas: Media freedom is a delicate flower). Besonders interessant sind natürlich die Empfehlungen, die vor dem Hintergrund der ungarischen Situation gelesen werden können (etwa: "Die EU sollte befugt sein, auf der Ebene der Mitgliedstaaten zum Schutz der Freiheit und Vielfalt der Medien einzugreifen, um dadurch den Wesensgehalt der Rechte zu garantieren, die den EU‐Bürgern durch die Verträge verliehen werden"), und damit zusammenhängend auch die Empfehlungen zu einem stärkeren "Monitoring" der Medienfreiheit:
"Um die europäischen Werte der Freiheit und des Pluralismus zu stärken, sollte die EU der europäischen Grundrechteagentur in ihrem Arbeitsprogramm eine Beobachtungsrolle in Bezug auf die Freiheit und Vielfalt der Medien auf nationaler Ebene zuweisen und die entsprechenden Mittel bereitstellen. Die Agentur würde dann über etwaige Gefahren für die Freiheit und Vielfalt der Medien in der EU regelmäßig Bericht erstatten. [...] Als Alternative zu dem in der vorangehenden Empfehlung vorgeschlagenen Mechanismus könnte die EU auch eine unabhängige Beobachtungsstelle einrichten, die idealerweise im Hochschulbereich anzusiedeln und teilweise von der EU zu finanzieren wäre, in ihrer Tätigkeit aber völlig unabhängig sein müsste."
Schließlich empfahl die High Level Group auch unabhängige "Medienräte" mit der Kompetenz zur Verhängung von Bußgeldern:
"Alle EU‐Länder sollten über unabhängige Medienräte verfügen, die politisch und kulturell ausgewogen sowie sozial vielfältig besetzt sind. Die Ernennung der Mitglieder sollte transparent und mit Kontrollmechanismen und Verfahrensgarantien erfolgen. Solche Gremien wären zuständig für die Untersuchung von Beschwerden, ähnlich einem Bürgerbeauftragen für die Medien, würden aber auch kontrollieren, ob die Medienunternehmen z. B. Verhaltensregeln veröffentlicht, ihre Eigentumsverhältnisse offengelegt und Erklärungen zu Interessenkonflikten abgegeben haben. Medienräte sollten über echte Durchsetzungsbefugnisse verfügen, um beispielsweise Bußgelder verhängen, die Veröffentlichung von Entschuldigungen anordnen oder die Berufszulassung für journalistische Tätigkeiten entziehen zu können. Nationale Medienräte sollten sich an eine Reihe europaweiter Normen halten und von der Kommission beaufsichtigt werden, um sicherzustellen, dass sie die europäischen Werte wahren."
Vor allem - aber nicht nur - die britische Presse sah darin einen Angriff auf die Pressefreiheit und begann dementsprechend zu kampagnisieren. Hier eine kleine Auawahl:
Das Thema ist jedenfalls nicht erledigt, die Kommission hat nun als Folge des Berichts erst mal zwei Konsultationen gestartet: eine Konsultation zur Medienfreiheit und -vielfalt und eine Konsultation zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden für audiovisuelle Medien; siehe dazu auch die Pressemitteilung der Kommission sowie eine Rede von Neelie Kroes.

Mit der Frage, welche Kompetenzen die EU im Bereich der Medienvielfalt und Medienfreiheit hat, setzten sich ForscherInnen des Centre for Media Pluralism and Media Freedom (CMPF) am European University Institute auseinander und schrieben diesen Bericht: Policy Report: European Union Competencies in Respect of Media Pluralism and Media Freedom (siehe dazu auch diesen Beitrag im LSE Media Policy Blog). Und einen interessanten Beitrag zu den "Soft Law"-Initiativen bringt Konstantina Bania: EU soft-law initiatives designed to protect media pluralism: Effective instruments or unnecessary public expenditure?

2. Medienregulierung im UK (+ NZ, AUS): Leveson und die Folgen
Nach dem Leveson-Bericht (siehe dazu im Blog hier) wurden nun im Vereinigten Königreich Vorschläge zur Reform der Presseregulierung gemacht, die im Wesentlichen auf eine neue, durch "Royal Charter" etablierte Selbstregulierungseinrichtung hinauslaufen, die wiederum durch ergänzende strafrechtliche Bestimmungen gestützt ("underpinned") werden soll; insbesondere durch die Möglichkeit von "exemplary damages", was als eine Art "Strafschadenersatz" zu verstehen ist. Die Details finden sich in der Draft Royal Charter on Self-Regulation of the Press, dazu gibt es die ergänzenden Regelungen in der Crime and Courts Bill ("statutory underpinning"), wobei es sich jeweils noch um Entwürfe handelt.

Zur Diskussion über die Entwürfe siehe zB After the Leveson report: What you need to know (ifex), - The 'Leveson Deal' -What is it? (Media Standards Trust), Victory, or "Leveson lite"? (Media Reform Coalition), Rafael Behr auf New Statesman, After Leveson (Stephen Sedley), ein Bericht im Guardian zur Reaktion der Medien und ein weiterer Bericht im Guardian zur Kritik Reaktion des Ex-PCC-Vorsitzenden Meyer. Als Beispiel  dafür, wie sich die Kritik  betroffener Medien gestaltet, verweise ich auf eine Story im Telegraph: Royal Charter: The men who want to kill our free press ("The new system of regulation will turn British newspapers into battlegrounds between opposing lobbyists, vested interests, pedants and anyone else with an axe to grind", illustriert unter anderem mit einem Bild von Hugh Grant, der sich als Opfer der Abhöraktionen für eine Reform eingesetzt hat). Bemerkenswert ist auch der Bericht von Alan Rusbridger, Chefredakteur des Guardian, über die Besprechungen zwischen Vertretern der betroffenen Medien, wie sie mit den Leveson-Empfehlungen umgehen wollten: "Who should guard the Guardian?" (mit Reaktionen anderer Pressevertreter).

Zur juristischen Analyse empfehle ich Hugh Tomlinson, QC, Leveson, Article 10 and Apologies: another red herring und Why extending exemplary damages is the best approach for public interest journalism, weiters Carl Gardner, The Leveson Royal Charter deal und Press Regulation: Th International Aspect, Gill Phillips, Briefing Note on Exemplary Damages and Costs, Ned Beale / Cara Gillingham, Leveson: Inquisitorial Arbitration, sowie Jacob Rowbottom, Leveson, Press Freedom and the Watchdogs ("If there is one lesson to take from Leveson it is that as well as emphasising the checking function of the press, we also ask what checks the press are subject to.").

Im Netz wurde auch umfassend erörtert, inwieweit Blogger in das System eingebunden sind; sie dazu zB die Beiträge Don't Panic (auf Information Rights and Wrongs), Bloggers and the Royal Charter (auf Paul Bernal's Blog), Hacked off, the law, bloggers and small publishers (auf hackinginquiry.org), Leveson vs the Bloggers: How to Make Regulation Work for Everyone (LSE Blog), The Royal Charter, Bloggers and Internet regulation – an extension too far? (Tim Lowles) und Why press regulation should cover blogs (Carl Gardner).

Zum Vergleich - insbesondere mit dem Leveson-Bericht - möchte ich noch auf einen aktuellen Bericht der Neuseeländischen Law Commission hinweisen: The News Media meets "New Media", Rights, Responsibilities and Regulation in the Digital Age (NZLC R128, 2013) Report by the New Zealand Law Commission (12,6 MB pdf); Übersichtsseite (siehe auch den Bericht auf Inforrm's Blog). Unter anderem schlägt die NZLC einen einheitlichen "standards body" (eine Art Medienrat) für alle Mediengattungen vor: "We recommend that the New Zealand Press Council, the Broadcasting Standards Authority and the Online Media Standards Authority be replaced with a single independent standards body with jurisdiction over all news media broadcasters, newspapers, and online providers."

Und schließlich ist noch der schon ein Jahr alte "Finkelstein-Report" zu erwähnen, der Bericht der australischen "Independent Media Inquiry", geleitet von Ray Finkelstein, QC (Übersichtsseite"Report of the Independent Inquiry into the Media and Media Regulation")

3. Medien - Diverses: 
4. Telekom:
5. USA- und Kanada-lastige Lesehinweise:

No comments:

Post a Comment

Note: Only a member of this blog may post a comment.