Natürlich wäre es interessant, auch zu den noch verbliebenen Untersuchungsgegenständen etwas zu erfahren; aus der Sicht dieses Blogs vor allem zu dem die Telekom Austria Group betreffenden Thema 1d - "die lukrative Zwischenschaltung von parteinahen Personen und Unternehmen in den Erwerb ausländischer Beteiligungen (insb. Mobiltel Bulgarien, MDC Weißrussland, Mobtel Serbien)" - sowie natürlich zu den Themen 4 und 5 (Inserate von staatsnahen Unternehmen und Organisationen sowie Inserate und Medienkooperationen von Bundesministerien). Aber vielleicht wird das ja noch schnell in ein/zwei Sitzungen erledigt ...
Auf jeden Fall aber kann man mit Interesse dem Abschlussbericht entgegensehen. Ich halte zwar die im Untersuchungsausschuss praktizierte Befragungsmethode - mit stets nach kurzer Zeit wechselnden FragestellerInnen, die thematisch "herumspringen" und auch erkennbar unterschiedliche Zielsetzungen mit der Befragung verfolgen - nicht unbedingt für den zielführendsten Weg, die relevanten Geschehnisse aufzuklären und den Sachverhalt verlässlich festzustellen. Aber man sollte wohl nicht von vornherein ausschließen, dass sich die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss doch noch zusammenfinden, um in gemeinsamer Kraftanstrengung aus den bisherigen und den allenfalls noch kommenden Aussagen der Auskunftspersonen, aus den nur den Abgeordneten vorliegenden Akten und vielleicht unter Beiziehung von Sachverständigen zu einem soliden, faktenbasierten Endbericht wenigstens zu den schon verhandelten Themen zu kommen. Am Abschlussbericht - und seiner Behandlung im Nationalrat - wird zu messen sein, wie ernst es dem Nationalrat mit dem Auftrag zur "Klärung von Korruptionsvorwürfen" wirklich war.
Bei aller Ernsthaftigkeit der Sache selbst hatte der Untersuchungsausschuss aber immer wieder auch unterhaltsame Momente - auch wenn man bei der Lektüre der Protokolle oft nicht weiß, ob man wirklich nur lachen oder sich nicht doch einfach nur gruseln soll. Ein besonderes, sagen wir: interessantes, Sittenbild lieferten zum Beispiel die Aussagen der Auskunftsperson Klaus Witttauer, MBA, Landwirt und ehemaliger FPÖ- dann "F-BZÖ"-Abgeordneter zum Nationalrat (siehe das Protokoll des U-Ausschusses vom 27.02.2012, ab Seite 3). Beim Lesen seiner Aussagen muss man sich stets vergegenwärtigen, dass Wittauer einmal Industrie- und Verkehrssprecher einer Regierungspartei war, der später auch zehn- oder hunderttausende Euro von der Telekom Austria erhalten hat, angeblich für Leistungen im Zusammenhang mit der Integration der eTel in die TA. Auf die Frage, was seine Leistung dabei war, antwortete er übrigens so (Protokoll, S. 23)
Klaus Wittauer: Meine Aufgabe war es, Konzepte zu entwickeln. Okay, geben wir einfache Geschichten: Wie kann das Festnetz ... Meine Idee war immer zu 100 Prozent Festnetz, den Rest verkaufen wir.Wie man sieht, ist der Mann Experte, oder - wie er es nennt - "Telekom-Wisser" (Protokoll, S 22f):
Klaus Wittauer: Jeder weiß – und die Staatsanwaltschaft hat das ausführlich überprüft; inzwischen hat sie auch schon sehr viele Kenntnisse über die Telekom –, dass ich ein Telekom-Wisser bin und mich sehr intensiv auch mit der Telekom auseinandergesetzt habe. (Abg. Dr. Pilz: Dass Sie was sind?) – Wisser heißt, alles, was Telekommunikation, und alles, was jetzt – sage ich einmal – die Bedürfnisse und die Richtungen betrifft, dass ich dort sehr viel Bescheid oder doch eine große Ahnung habe.Wieviel Ahnung er hat, zeigte er zB auch mit folgender Aussage (Protokoll, S. 30):
Jeder, der sich damit auseinandersetzt, erinnert sich ein bisschen: Davor waren die 800er-Nummern von diesen Mehrwertdingen besetzt, und dann sind alle hinübergehüpft auf die 900er-Nummern.Ich erinnere mich da zwar "ein bisschen" anders, aber egal. Der Telekom Austria war das Wissen von Klaus Wittauer jedenfalls einiges wert - sogar die Finanzierung einer MBA-Ausbildung. Wittauer, der sich laut Wirtschaftsblatt in dieser einen Sitzung des Untersuchungsausschusses 19 mal der Aussage entschlug, wollte allen Ernstes auch die Frage, bei welcher akademischen Einrichtung er den MBA gemacht hat, unter Berufung auf § 7 der Verfahrensordnung nicht beantworten (siehe S 63f des Protokolls). Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung rechtfertigte er die Aussageverweigerung so:
Da die Telekom mir mein Studium bezahlt hat und da die Telekom gesagt hat, sie holt sich jetzt von allen möglichen Leuten das Geld zurück, stehe ich auf dem Standpunkt, ich sage nichts dazu, weil ich mich einer gewissen Gefahr aussetzeAllzu geheim blieb die "akademische Einrichtung" aber nicht; ATV-Journalist Martin Thür fand noch während der Sitzung heraus, dass es sich um eine gewisse "WWEDU World Wide Education GmbH" handelte (siehe auch diese "Ehrentafel"). Wittauers dort angenommene Masterthese "über die Synopsis der Zustände, Trends und Herausforderung für die Telekombranche am Beispiel der Telekom Austria" ist allerdings noch nicht zugänglich, da die nach § 86 Abs 2 UG 2002 verhängte "Sperrfrist" erst Ende 2013 ausläuft.* Geht man - den Ausführungen Wittauers im Untersuchungsausschuss folgend - davon aus, dass der Sperrantrag wegen der Verwendung von Firmeninterna der Telekom Austria gestellt wurde, so hätte es die Telekom Austria freilich in der Hand, Klaus Wittauer von einer diesbezüglichen Verschwiegenheitsverpflichtung schon jetzt zu befreien. Und wenn die Telekom Austria, was wohl zu erwarten ist, im Gegenzug zur Finanzierung des Studiums auch Verwertungsrechte für die Arbeit gesichert hat, dann könnte sie diese natürlich auch veröffentlichen.
Wie auch immer: ich werde nach Ablauf der Sperrfrist (also frühestens im Dezember 2013) jedenfalls versuchen, die Arbeit einzusehen. Von soviel Telekom-Wissen kann ich sicher nur profitieren.
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*) Einem Sperrantrag ist nach dem Gesetz "stattzugeben, wenn die oder der Studierende glaubhaft macht, dass wichtige rechtliche oder wirtschaftliche Interessen der oder des Studierenden gefährdet sind." Das ist typischerweise dann der Fall, wenn im Zuge der wissenschaftlichen Arbeit vertrauliche Daten eines Unternehmens verwendet werden sollen, die nur unter der Bedingung einer entsprechenden Sperrfrist herausgegeben werden.
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