Es hätte ein interessanter Fall vor dem EuG werden können: die Nichtigkeitsklage der polnischen Telekom-Regulierungsbehörde (Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej / Präsident des Amtes für elektronische Kommunikation) gegen den Veto-Beschluss der Kommission in einem Verfahren nach Artikel 7 der RahmenRL (PL/2010/1019-1020; inhaltlich betraf der Streit die Marktabgrenzung im "nationalen Vorleistungsmarkt für den Austausch von IP-Datenverkehr" [IP-Peering bzw. IP-Transit]).
Doch das EuG wird sich mit den in der Klage aufgeworfenen Fragen nach den Aufgaben und Befugnissen der Kommission im Rahmen des Art 7-Verfahrens, insbesondere auch mit dem Überprüfungs- bzw Beurteilungsmaßstab, nun doch nicht beschäftigen müssen, zumindest nicht in diesem Fall. Denn obwohl sich Prozessparteien vor dem EuG - außer Mitgliedstaaten und Einrichtungen der Union - anwaltlich vertreten lassen müssen, hatte sich der Präsident des UKE bei Klagseinbringung durch zwei polnische Anwältinnen vertreten lassen, die in einem Anstellungsverhältnisses zum UKE standen und denen damit die für Vertreter von Prozessparteien erforderliche Unabhängigkeit fehlte. Mit Beschluss vom 23.5.2011, T-226/10, UKE, wurde die Klage daher vom EuG als unzulässig zurückgewiesen.
Das Gericht bezieht sich in seinem Beschluss im Wesentlichen auf seinen Beschluss in der Rechtssache T-94/07, EREF (dort betraf es einen Verein, dessen Vorsitzende nicht zugleich als Anwältin des Vereins diesen vertreten konnte) sowie auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-550/07 P, Akzo (dort ging es um die Reichweite des "Anwaltsprivilegs", des Schutzes der Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant, vor Beschlagnahme durch die Kommission im Wettbewerbsverfahren; dieses legal privilege wurde vom EuGH für Syndikusanwälte ["in-house counsel"] verneint).
Auch im nun entschiedenen Fall T-226/10, UKE, betont das EuG die "Funktion des Anwalts als eines Mitgestalters der Rechtspflege [...], der in völliger Unabhängigkeit und in deren vorrangigem Interesse dem Mandanten die rechtliche Unterstützung zu gewähren hat, die dieser benötigt." Dass im konkreten Fall kein direktes Beschäftigungsverhältnis zum Präsidenten des UKE (der als Regulierungsbehörde benannt ist) und den Anwältinnen bestand (die dem Generaldirektor unterstellt sind), änderte daran nichts.
Update 10.10.2011: der Präsident des UKE hat - ebenso wie die Republik Polen - Rechtsmittel an den EuGH erhoben, anhängig zu C-422/11 P Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej / Kommission bzw zu C-423/11 Polen / Kommission.
Update 06.09.2012: Der EuGH hat mit Urteil vom 06.09.2012 die Rechtsmittel zurückgewiesen (siehe dazu hier, gegen Ende).
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