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Sunday, July 31, 2011

Check that Käs: Unterhaltung mit neuen "Lösungen" zu alten Rechtsfällen

"Natürlich gibt es auch Kritik - auch von Juristen - aber Innovation polarisiert nun einmal häufig; das halten wir aus." Da bin ich aber froh - denn der das sagt, ist "Marketingchef des auf IT-Recht spezialisierten Thinktanks e-Center" und dieser Satz fiel in einem offenbar ernst gemeinten (!) Interview auf recht.extrajournal.net über das "Online-Portal checkmycase.com". Über dieses Portal, das angeblich den Gedanken der Weisheit der Vielen auf Rechtsprobleme anwenden will, habe ich unter dem Titel "Wisdom of the Clowns?" schon vor einiger Zeit geschrieben. Aus Anlass des aktuellen Interviews mit dem "Head of Marketing" (ja, dieser "Thinktank" hat tatsächlich einen "Head of Marketing", neben einem "Head of Public Relations", einem "Chief Administrative Officer", zwei "Vice Presidents", sowie natürlich dem "Founder and President") habe ich nun aber nochmal einen Blick auf diese Plattform geworfen, die sich nach ihren AGB als Unterhaltungsmedium versteht, nach ihrer Selbstbeschreibung aber "einen innovativen und besseren Zugang zum Recht bieten und der Community zugleich eine Teilnahme am realen Rechtsleben ermöglichen" will.

Der gebotene Zugang zum Recht ist tatsächlich innovativ: denn ob die Ratschläge und Einschätzungen auch nur annähernd und entfernt einen Bezug zur Rechtswirklichkeit haben, ist nämlich nicht relevant. Wo es aber überraschenderweise einen starken Realitätsbezug gibt, das ist nicht bei den Antworten, sondern in den zur "Entscheidung" gestellten Fällen. Denn schon beim Durchklicken der ersten paar (neuesten) Fälle wird evident, dass da einige Sachverhaltsangaben dabei sind, wie sie bekannten und längst entschiedenen Rechtssachen zugrunde liegen: etwa zur Haftung der Asfinag (OGH 22.2.2001, 2 Ob 33/01v), zum Seelenschmerz bei der Tötung naher Angehöriger (OGH 16.5.2001, 2 Ob 84/01v), "Tod will Schadenersatz" (OGH 26.2.3003, 3 Ob 221/02z), zum Schmerzengeld bei Ehebruch (OGH 20.2.2003, 6 Ob 124/02g), zum barocken Tabernakelkasten (OGH 6.12.2001, 2 Ob 274/01k) usw. - alles klassische Lehrbuchfälle, die auch Juristen, die nicht auf solche Zivilsachen spezialisiert sind, ein Begriff sind.

Aber auch deutsche Fälle kommen zu Ehren: etwa die Ausforschung eines Kindesvaters über dessen Telefonnummer (AG Bonn 8.2.2011, 104 C 593/10); hier wird im Forum zwar auf den deutschen Fall hingewiesen, aber der (gravierende) Unterschied in der Fall-Erzählung wird nicht bemerkt.

Die ganze Website tümpelt nach wie vor gemächlich dahin, die Seite ist offensichtlich ziemlich schwach besucht. Der Marketingchef spricht von rund 1300 Nutzern an "guten Tagen", sagt aber nicht, wie oft es solche gibt. Bei Alexa gibt es jedenfalls nicht einmal Traffic-Daten zu checkmycase.com, .eu und .de, lediglich bei checkmycase.at wird ein Traffic Rank ausgewiesen, allerdings deutlich jenseits der sechsmillionsten Stelle (zum Vergleich: schon dieses kleine Nischenblog hier liegt mit einem Rang von unter 3 Millionen weit davor). Aber da auch ein kritischer Bericht besser ist als kein Bericht, komme ich den Betreibern des Unterhaltungsportals mit diesem Posting gerne zur Hilfe.

Und wie schon der "Founder and President" des "Thinktanks" sagte: "Im Übrigen treten bei jeder neuen Idee Skeptiker auf den Plan, die alles besser wissen, selbst aber noch nie Ideen gehabt oder realisiert haben."
Ich weiß leider nicht alles besser, aber ein paar Ideen habe ich doch schon gehabt und realisiert ;-)

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