Am vergangenen Sonntag habe ich mich hier mit der ersten öffentlichen Mahnung des sogenannten "PR-Ethik-Rats" befasst und dabei auch die Presseaussendung dieses Rats über die von ihm präsentierte - nach seinen Angaben - "umfassende Studie über 'Schleichwerbung in Österreich'" erwähnt. Nun ist dieses Werk - unter dem Titel "Zukunftstauglichkeit des Trennungsgrundsatzes im Sinne des § 26 MG" (mit "MG" ist das Mediengesetz gemeint) - auch online verfügbar (pdf, Achtung: 20 MB!).
Laut Vorwort war es (unter anderem) Ziel der Studie, "vor allem Formen gängiger redaktionell gestalteter Werbung in österreichischen Printmedien zu erheben und aufzuzeigen." Dieses Ziel wurde mit Teil II der Studie durchaus erreicht; dabei handelt es sich um ein durchaus brauchbares  Kompendium von Beispielen (vermuteter) unsauberer Trennung zwischen  Werbung und redaktionellen Beiträgen, die ordentlich systematisiert und  beschrieben werden; diese Zusammenstellung ist damit auch gut als  Diskussionsgrundlage oder zur Demonstration der aus der Praxis bekannten Unschärfen - etwa beim "Umfeldjournalismus" oder bei "Kooperationen" - geeignet.
Was man mit diesen Beispielen aber nicht belegen kann, sind Verstöße  gegen die Pflicht zur "Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen"  im Sinne des im Titel der Studie explizit genannten  § 26 MedienG.  In immerhin zwei Drittel "der untersuchten und kritisch zu bewertenden  Fälle" war nämlich ohnehin eine "zulässige Kennzeichnung" (gemeint einer  der in § 26 MedienG genannten Begriffe "Anzeige", "entgeltliche  Einschaltung" oder "Werbung") vorhanden, und auch in den anderen Fällen  wurde nicht festgestellt (wie wäre dies auch möglich gewesen?), dass für  die Veröffentlichung des jeweiligen Beitrags tatsächlich ein Entgelt  gezahlt wurde. Die Studie räumt durchaus ein, dass sie mit Vermutungen arbeitet - auf Seite 6 etwa heißt es: "Nicht deklarierte Werbung ist  natürlich vorderhand nicht einfach auszumachen. Die Beispiele wurden an  Hand des Kriteriums 'unkritisch-werbende Sprache, d.h. die unbegründet  positive Darstellung von Produkten oder Dienstleistungen' ausgewählt  sowie das Vorhandensein zusätzlicher Detailinformationen, die über ein  durchschnittliches 'Leserservice' hinausgehen. Die Übernahme von  unbearbeiteten PR-Materialien ist naheliegend."
Für quantitative Aussagen - wie sie die Presseaussendung nahelegt ("550 Beiträge gesichtet, 325 davon waren kritisch")  - war das Studiendesign aber evident nicht ausgerichtet. Zur Auswahl  der analysierten Berichte heißt es auf Seite 56 der Studie nur: "empiriegeleitet konnten sowohl einzelne Artikel, als auch ganze  Seiten oder ganze beigelegte Veröffentlichungen (wie Beilagen) zur  Analyseeinheit werden"; wie aber aus allen Beiträgen/Anzeigen in den  untersuchten Medien die 550 ausgewählt wurden, und nach welchen  Kriterien dann beurteilt wurde, welche davon als "kritisch" anzusehen  waren, bleibt im Dunkeln.
Nicht nachvollziehen kann ich den in Teil I der Studie unternommenen Versuch, "den derzeitigen Stand der rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich  im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz aufzuzeigen". Geworden ist daraus eine merkwürdige Aneinanderreihung von eher unsystematisch ausgewählten Rechtstexten, Entscheidungs-Exzerpten und nacherzählter (Kommentar-)Literatur, die vor allem mangelnde Vertrautheit mit juristischer Methodik und Systematik erkennen lässt. So wird etwa die "Sanktionierung" von Verstößen gegen das Trennungsgebot nur mit dem Hinweis auf Verwaltungsstrafen nach § 27 MedienG abgehandelt, ohne auf die in der Praxis ungleich bedeutenderen lauterkeitsrechtlichen Folgen  einzugehen - obwohl die in der Folge zitierte OGH-Rechtsprechung ganz überwiegend in UWG-Verfahren ergangen ist. Beim Versuch, die Rechtslage im Rundfunkbereich darzulegen, werden ebenso bloß die Verwaltungsstrafdrohungen als mögliche Sanktionen erwähnt, nicht aber die in der Praxis wesentlichen Verfahren zur Feststellung von Rechtsverletzungen nach PrR-G, AMD-G oder ORF-G oder - wiederum - die UWG-Verfahren. Und ungeachtet der auf die Rechtsprechung ausdrücklich Bezug nehmenden Kapitelüberschrift ("Kriterien der Rechtssprechung für Radio und Fernsehen") fehlt zum Rundfunk selbst der Versuch einer Darstellung der Judikatur. Gänzlich ausgespart bleibt schließlich auch der im Fernsehbereich wesentliche unionsrechtliche Hintergrund. Aber zur rechtlichen Information wird diese Studie wohl ohnehin niemand lesen.
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