Wie - und von wem - unabhängig müssen Regulierungsbehörden sein? Die europarechtlichen Vorgaben dazu habe ich in diesem - nun wieder aktualisierten - Übersichtsdokument zusammengestellt. Wie die unonsrechtlich geforderte Unabhängigkeit (primär die Unabhängigkeit von den regulierten Unternehmen) gesetzlich umgesetzt wird, ist nicht nur von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden, in Österreich unterscheiden sich die Regelungen auch von Regulierungsbehröde zu Regulierungsbehörde.
Nach § 118 Abs 3 TKG 2003 dürfen der Telekom-Control-Kommission zum Beispiel "Personen, die in einem rechtlichen oder faktischen Naheverhältnis zu jenen stehen, die eine Tätigkeit der Telekom-Control-Kommission in Anspruch nehmen", nicht angehören; dasselbe gilt nach § 82 Eisenbahngesetz 1957 für die Mitglieder der Schienen-Control-Kommission. Noch strenger sind die Bestimmungen für die Mitglieder der KommAustria: nach § 4 KOG dürfen unter anderem "Personen, die in einem Dienst-, Auftrags- oder Gesellschaftsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk oder seinen Tochtergesellschaften, zu einem anderen Rundfunkveranstalter oder zu einem sonstigen Medienunternehmen stehen und Personen, die in einem rechtlichen Naheverhältnis zu jenen stehen, die eine Tätigkeit der KommAustria in Anspruch nehmen oder von dieser betroffen sind" nicht in der KommAustria tätig sein, ebensowenig "Personen, die mit der Interessensvertretung von Medienunternehmen betraut sind, insbesondere aufgrund eines Auftrags- oder Dienstverhältnisses zu einer gesetzlichen Interessensvertretung oder einer sonstigen Interessensvereinigung".
Bis zum Inkrafttreten des neuen Energie-Control-Gesetzes am 3. März 2011 galt (nach § 17 des Energie-Regulierungsbehördengsetzes) auch für die Energieregulierungsbehörde, dass "Personen, die in einem rechtlichen oder faktischen Naheverhältnis zu jenen stehen, die eine Tätigkeit der Energie Control Kommission in Anspruch nehmen", dieser Kommission nicht angehören durften.
Was gilt aber nach dem neuen Energie-Control-Gesetz nun für die Mitglieder der Regulierungskommission, die im Wesentlichen an die Stelle der früheren Energie Control Komission getreten ist? Von den im alten Gesetz noch geregelten drei Voraussetzungen (1. kein Mitglied von Bundes- oder Landesregierung, kein Staatssekretär 2. kein Naheverhältnis 3. Wählbarkeit zum Nationalrat) ist nur eines der Art nach - und selbst dies inhaltlich abgemildert - übrig geblieben: wer Mitglied der Regulierungskommission werden will, muss das (aktive) Wahlrecht zum Nationalrat besitzen (§ 10 Abs 3 Energie-Control-Gesetz); damit könnte theoretisch sogar ein Sechzehnjähriger Mitglied der Regulierungskommission werden.
Ein rechtliches oder faktisches Naheverhältnis zu einem Unternehmen, das eine Tätigkeit der Energie-Control in Anspruch nimmt - mit anderen Worten: insbesondere auch zu einem regulierten Unternehmen - ist aber nach dem Gesetz kein Hindernis, um zum Mitglied der Regulierungskommission bestellt zu werden. Damit ist es nach dem Gesetz nicht ausgeschlossen, dass ein Aufsichtsratsmitglied eines Verteilernetzbetreibers Mitglied der Regulierungskommission wird, die gerade auch gegenüber solchen Netzbetreibern Regulierungsmaßnahmen zu treffen hat. Allerdings muss die Aufsichtsratsfunktion sofort zurückgelegt werden, denn ein Mitglied der Regulierungskommission darf nach § 10 Abs 4 ECG "keine weitere Tätigkeit ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner Aufgaben behindert oder geeignet ist, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen."
Während also nach altem Energieregulierungsrecht (und aktuellem Telekom- und Eisenbahnrecht) eine Aufsichtsratstätigkeit in einem regulierten Unternehmen Bestellungshindernis war, reicht es nach dem neuen Energierecht, dass das Auftsichtsratsmandat auch nach der Bestellung, aber vor Aufnahme des Amtes als Mitglied der Regulierungskommission aufgegeben wird. Im Ergebnis vielleicht kein großer Unterschied - aber wenn die Bestellung zum Kommissionsmitglied ganz schnell erfolgen muss, weil ein anderes Mitglied (und dessen Ersatzmitglied) so überraschend zurückgetreten ist, dann kann die etwas lockerere Regelung im neuen Energie-Control-Gesetz recht praktisch sein.
[Update 29.03.2011: heute steht dazu auch etwas in der Presse: Energieregulator in den Fängen der Politik?]
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