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Monday, February 08, 2010

"Unter der Fuchtel von Frau Kroes" - Doris Pack, MEP, verteidigt die Kultur

Doris Pack ist Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung im Europaparlament und Mitglied im Fernsehrat des ZDF (staatsfern wie alle*). Von Neelie Kroes, bisher Wettbewerbskommissarin, demnächst Kommissarin für die digitale Agenda, dürfte sie nicht allzuviel halten, das hat sie bei ihrer Rede anlässlich der Konferenz "Future or Funeral - Dual System at a Crossroads" in Warschau am 23. Jänner 2010 (zu dieser Veranstaltung schon hier) deutlich gemacht. Schon im vorbereiteten Redemanuskript ihres Vortrags "Das duale System im Rundfunk: Was kann/soll Europa tun?" kritisierte sie, dass die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission "oft ungeschickt bis arrogant und auch ideologisch argumentiert" habe. In ihren tatsächlichen Ausführungen - es gilt das gesprochene Wort - war sie noch eine Spur schärfer und erzählte voller Stolz, wie sie "Frau Kroes, die in den letzten fünf Jahren den Wettbewerb unter ihrer Fuchtel gehabt hat" im ersten Hearing im Parlament ausgebremst hat: "Meine Fragen und die Fragen der Kollegin Trautmann haben dazu geführt, dass sie noch länger Kandidatin blieb. Als sie [Kroes] dann zum zweiten Mal zu uns kam, hatten wir das Gefühl, sie hat verstanden."

Nun kann man das natürlich als politischen Schlagabtausch zwischen der konservativen Abgeordneten Pack und der liberalen Kommissarin Kroes sehen, aber wenn man das Video des Hearings von Neelie Kroes ansieht, dann muss man einräumen, dass die Kommissarin dabei tatsächlich nicht gut ausgesehen hat. Hier ein möglichst wortgetreues Transkript (Sprachen original) der zwei Fragen von Frau Pack und der Antworten der Kommissarin (im Video ab 18:04:24):
Doris Pack: Liebe Frau Kroes, der Kulturausschuss tritt seit Jahren für das spezifische europäische Regulierungsmodell des dualen Rundfunksystems ein, weil er der Ansicht ist, dass das die beste Garantie für Meinungsvielfalt und Meinungsbildung ist. Zu diesem System gehört ein starker staatsferner und entwicklungsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der den Bürgern technologieneutral seine Dienste anbietet. Was ist denn ihre Definition eines ausgeglichenen dualen Systems und welche Rolle spielt denn da Ihrer Meinung da drin die Public Service Media?
Herbert Reul (Vorsitzender): Frau Kroes - klare Frage, klare Antwort!
Neelie Kroes: It is a very clear question and we are aware that depending on the public broadcasting services we try to deal with principles all over the place the same, and tailor-made approaches; but in itself we should be quite clear, the definition has to be as clear as crystal, for otherwise we are not getting a real result out of our discussions. And what we did in the past in competition, in competition issues, was, I imagine, quite acceptable also for you, to find a way in which the diversity is still there and that is a big issue, that is one of those issues that we are fond of in Europe and that is still a competitive market in which at the end of the day the consumer is able to pick out what he or she is preferring.
Doris Pack: War nicht sehr befriedigend, aber ich komme noch zu einer zweiten Frage: Ich möchte gerne zur Konvention, der UNO-Konvention, zur UNESCO-Konvention [gemeint ist wohl das Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen] kommen. Ich entsinne mich, dass Sie in dieser Frage eine andere Meinung vertreten haben als die Mehrheit der Barroso-Kommission. Sie waren gegen eine innere Verbindlichkeit dieser Konvention. Haben Sie sich inzwischen bekehrt und glauben Sie nicht auch, dass dieses Instrument etwas ist, womit wir also grade die Kultur- und Medienpolitik in der Europäischen Union unterstützen und vorantreiben können?
Neelie Kroes: I am aware that ... I am not aware that there was such a split, but perhaps we can discuss that later. If you were asking with this portfolio and the culture past in which there is a close connection with the whole issue that is dealt with here, I think it is absolutely a must to keep that bridged for otherwise we are losing opportunities for also in the culture and the media field there are a lot of opportunities with this new digital agenda where we can take advantage of.
Alles klar? Wenn Kroes schon nichts sagen wollte, dann hätte es sie auch eleganter machen können, etwa so wie bei Sir Humphrey aus der legendären BBC-Serie "Yes Minister" (in diesem Video, von ca. 2:40 bis 3:30)

Jim Hacker: "When you give your evidence to the Think Tank, are you going to support my view that the Civil Service is over manned and feather-bedded, or not? Yes or no? Straight answer."
Sir Humphrey: "Well Minister, if you ask me for a straight answer, then I shall say that, as far as we can see, looking at it by and large, taking one thing with another in terms of the average of departments, then in the final analysis it is probably true to say, that at the end of the day, in general terms, you would probably find that, not to put too fine a point on it, there probably wasn't very much in it one way or the other. As far as one can see, at this stage."
Jim Hacker: "Is that Yes or No?"
Sir Humphrey: "Yes and no."
Jim Hacker: "Supposed you weren’t asked for a straight answer?"
Sir Humphrey: "Then I should play for time, Minister." [Textquelle hier]
*) An die Abgeordnete Pack dürfte Kommissarin Reding bei ihrer Rede über die "6 Mythen vom medienpolitischen Stammtisch" im Dezember 2008 ganz besonders gedacht haben, als sie nicht nur das Saarland (aus dem Pack stammt) als Epizentrum des Mythos von der geplanten Abschaffung der Rundfunkräte durch Brüssel ausgemacht, sondern auch darauf hingewiesen hat, dass einige Rundfunkräte "als hauptberufliche Mitglieder des Europäischen Parlaments regelmäßig die als Rundfunkräte erworbenen Kenntnisseaktiv in die europäische medienpolitische Debatte einbringen" (zu meiner "Übersetzung" dieser Rede siehe hier).

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