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Thursday, December 17, 2009

EGMR zum Schutz journalistischer Quellen

Kann einem Medienunternehmen aufgetragen werden, ihm zugespielte vertrauliche Informationen herauszugeben, damit das vom Vertrauensbruch betroffene Unternehmen den Verräter ausforschen kann? Mit dieser Frage hatte sich der EGMR in seinem Urteil vom 15. Dezember 2009, Financial Times and others v. United Kingdom (Application no. 821/03) zu befassen.

Hintergrund der Entscheidung war, dass im Jahr 2001 in England der Financial Times und anderen Zeitungen ein vertrauliches (und teilweise unrichtiges) Dokument über ein geplantes Übernahmeangebot von Interbrew (nunmehr Anheuser-Busch InBev) gegenüber South African Breweries zugespielt wurde. Interbrew klagte - nach einem vergeblichen Versuch, mit Unterstützung durch ein Sicherheitsunternehmen die Quelle des Leaks zu finden - die Zeitungen auf Herausgabe der zugespielten Unterlagen und gewann vor den britischen Gerichten. Der EGMR sah darin eine Verletzung des Art 10 EMRK. Dass der Informant allenfalls schlechtgläubig war oder in Schädigungsabsicht handelte, wäre nach Ansicht des EGMR allein nicht ausreichend, um ihm den Schutz der Anonymität zu versagen:
"While it may be true that the public perception of the principle of non-disclosure of sources would suffer no real damage where it was overridden in circumstances where a source was clearly acting in bad faith with a harmful purpose and disclosed intentionally falsified information, courts should be slow to assume, in the absence of compelling evidence, that these factors are present in any particular case. In any event, given the multiple interests in play, the Court emphasises that the conduct of the source can never be decisive in determining whether a disclosure order ought to be made but will merely operate as one, albeit important, factor to be taken into consideration in carrying out the balancing exercise required under Article 10 § 2."
Und der chilling effect darf natürlich auch nicht vergessen werden: "the Court emphasises that a chilling effect will arise wherever journalists are seen to assist in the identification of anonymous sources."
(Siehe zum Schutz der journalistischen Quellen auch das Urteil vom 27. November 2007, Tillack gegen Belgien, Appl. No. 20477/05, und das Urteil vom 22. November 2007, Voskuil gegen Niederlande Appl. No. 64752/01; dazu im Blog hier).

In Österreich sieht das Mediengesetz in § 31 ("Schutz des Redaktionsgeheimnisses") vor, dass Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes das Recht haben, "in einem Strafverfahren oder sonst in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen." Ausdrücklich geregelt ist auch, dass dieses Recht nicht umgangen werden darf, "insbesondere dadurch, dass dem Berechtigten die Herausgabe von Schriftstücken, Druckwerken, Bild- oder Tonträgern oder Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen mit solchem Inhalt aufgetragen wird oder diese beschlagnahmt werden."

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