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Monday, July 27, 2009

Postraub: Was das Volk begehren soll

Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch begeht einen Raub, "wer mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz wegnimmt oder abnötigt, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern". Postraub - also ein Raub, der auf die Wegnahme von Sachen wie zB Briefen oder Geld gerichtet ist, die sich im Gewahrsam der Post befinden - ist in Österreich, anders als zB in den USA, kein besonders qualifiziertes Delikt.

Ganz sicher kein Postraub ist es, wenn die Österreichische Post AG eigene Filialen schließt (schließen will), denn dabei wird ihr weder etwas weggenommen oder abgenötigt, sondern es geht um ihre unternehmerische Entscheidung, die allerdings bestimmten Beschränkungen auf Grund des von der Post zu erbringenden Universaldienstes unterworfen ist (siehe dazu näher schon in diesem Beitrag).

Dennoch ist gerade für Postamtsschließungen der Begriff "Postraub" wieder in Mode gekommen: Die Sozialistische Jugend protestiert gegen die geplanten Filialschließungen unter der Domain http://www.postraub.at/, und die Christgewerkschafter haben unter dem Slogan "Stopp dem Postraub" ein Volksbegehren initiiert. Da genügend Unterstützungserklärungen vorgelegt wurden, hat die Innenministerin die Eintragungswoche (27. Juli bis 3. August 2009) festgelegt; in dieser Woche müssen 100.000 Eintragungen erfolgen, damit das Volksbegehren im Parlament behandelt werden muss (die schon vorgelegten Unterstützungserklärungen werden eingerechnet).

Die Initiatoren des Volksbegehrens haben den Weg gewählt, nicht einen fertigen Gesetzesantrag zu stellen, sondern eine bloße "Anregung" (vergleiche § 3 Abs 1 des Volksbegehrengesetzes). Hier der Wortlaut:
„Wir fordern: Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dadurch Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Bevölkerung. Novellierung des Postgesetzes und Erhebung in den Verfassungsrang;
Fixierung von mindestens 1300 Postfilialen im Postgesetz welche durch die Post AG zu führen sind.
Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen die auch nach der Liberalisierung Brief einen fairen Wettbewerb sicher stellen.“
Die Kundmachung der Entscheidung der Innenministerin über die Einleitung des Volksbegehrens erfolgte im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 27. März 2009 (da die Wiener Zeitung das gedruckte Amtsblatt ja als letzte Rettung vor dem Staatschaos sieht, ist die Kundmachung natürlich nicht mehr frei elektronisch zugänglich - sonst könnte das ja vielleicht jeder lesen! - und ich kann daher nicht darauf verlinken - mittlerweile sind die Informationen aber auf der Website des BMI verfügbar).

Dass zur Richtlinienumsetzung eine Novelle des Postgesetzes kommen wird müssen, ist klar; spannender wären konkrete Vorstellungen, was in dieser Novelle aus der Sicht der Initiatoren des Volksbegehrens stehen sollte, abgesehen von der Mindestanzahl an Filialen, die von der "Post AG" (gemeint sicher: "Österreichische Post AG") geführt werden sollen. Interessant wäre vor allem, wie sich die Initiatoren konkret die Sicherung des fairen Wettbewerbs vorstellen. Denn über das Gebot des fairen Wettbewerbs sind sich wohl alle einig (jedenfalls ist mir keine Forderung bekannt, die auf die Ermöglichung unfairen Wettbewerbs abzielt), Streit gibt es meist erst, wenn es um konkrete Maßnahmen geht.

Update 04.08.2009: Vorläufiges Endergebnis des Volksbegehrens (mit Grafiken): 140.622 gültige Eintragungen - das Volksbegehren ist daher vom Nationalrat zu behandeln. Ebenfalls vom Nationalrat zu behandeln ist die am 28.07.2009 im Ministerrat beschlossene Regierungsvorlage für ein neues Postmarktgesetz.

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