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Saturday, December 29, 2007

SPG-Novelle: bei Gefahrensituation IP-Adressen für die Polizei

Angeblich war's ja früher auch schon so, nun wird es - mit Wirkung vom 1. Jänner 2008 - jedenfalls auf eine gesetzliche Grundlage gestellt: die Weitergabe von IP-Adressen durch Provider an die Sicherheitsbehörden (ohne richterlichen Auftrag oder Genehmigung), "wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer konkreten Gefahrensituation rechtfertigen". Die entsprechende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz wurde mit BGBl I 2007/114 am 28. Dezember 2007 kundgemacht.

§ 53 Abs 3a und 3b SPG lauten demnach:

"(3a) Die Sicherheitsbehörden sind berechtigt, von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste (§ 92 Abs. 3 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003, BGBl. I Nr. 70) und sonstigen Diensteanbietern (§ 3 Z 2 E-Commerce-Gesetz - ECG, BGBl. I Nr. 152/2001) Auskunft zu verlangen über
1. Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses,
2. Internetprotokolladresse (IP-Adresse) zu einer bestimmten Nachricht und den Zeitpunkt ihrer Übermittlung sowie
3. Namen und Anschrift eines Benutzers, dem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war,
wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer konkreten Gefahrensituation rechtfertigen und sie diese Daten als wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der ihnen nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben benötigen. Die Bezeichnung eines Anschlusses nach Z 1 kann für die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die Abwehr gefährlicher Angriffe auch durch Bezugnahme auf ein von diesem Anschluss geführtes Gespräch durch Bezeichnung eines möglichst genauen Zeitraumes und der passiven Teilnehmernummer erfolgen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskunft unverzüglich und kostenlos zu erteilen.
(3b) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, sind die Sicherheitsbehörden zur Hilfeleistung oder Abwehr dieser Gefahr berechtigt, von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Standortdaten und die internationale Mobilteilnehmerkennung (IMSI) der von dem gefährdeten Menschen mitgeführten Endeinrichtung zu verlangen sowie technische Mittel zu ihrer Lokalisierung zum Einsatz zu bringen. Die Sicherheitsbehörde trifft die Verantwortung für die rechtliche Zulässigkeit des Auskunftsbegehrens, dessen Dokumentation dem Betreiber unverzüglich, spätestens innerhalb von 24 Stunden nachzureichen ist. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskünfte unverzüglich und gegen Ersatz der Kosten nach § 7 Z 4 der Überwachungskostenverordnung – ÜKVO, BGBl. II Nr. 322/2004, zu erteilen."

Die parlamentarische Behandlung dieser Novelle war insofern ungewöhnlich, als zwar eine Regierungsvorlage (272 BlgNR 23. GP) eingebracht worden war, die Beschlussfassung im Plenum des Nationalrates aber auf Grund eines Fristsetzungsantrags ohne vorangegangene Beratung im Innenausschuss erfolgte. Dass dann in der Plenarsitzung mittels Abänderungsantrag noch wesentliche Veränderungen gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen wurden, hat die Skepsis der Oppositionsparteien nicht gerade verringert (zur parlametarischen Behandlung siehe die Ausendung der Parlamentskorrespondenz). In der Regierungsvorlage war nämlich insbesondere noch keine Beauskunftung von IP-Adressen und keine Offenlegung der IMSI vorgesehen gewesen.

Aus rechtstechnischer Sicht bemerkenswert ist auch, dass am selben Tag gleich zwei Novellen des Sicherheitspolizeigesetzes beschlossen wurden, die nun auch am selben Tag im BGBl kundgemacht wurden (BGBl I 2007/113 und BGBl I 2007/114). Beide Novellen treten am selben Tag - 1.1.2008 - in Kraft. Wenn ich nun nicht irgendwo noch eine dritte Änderung des SPG übersehen habe, die auch am 1.1.2008 in Kraft treten soll, dann entsteht jedenfalls eine echte "Gesetzeslücke": denn mit der Novelle BGBl I 2007/113 wird dem § 94 SPG ein Abs 22 angefügt, mit der Novelle BGBl I 2007/114 ein Abs 24 - ein Abs 23 ist nicht zu finden.

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