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Thursday, June 11, 2015

EuGH: Keine Universaldienstfinanzierung von Sozialtarifen für mobile Kommunikationsdienste

"Es ist jedoch festzustellen, dass 'an einem festen Standort' das Gegenteil von 'mobil' ist." 
Diese Erkenntnis verdanken wir dem heutigen Urteil des EuGH in der Rechtssache C-1/14 Base Company und Mobistar, der sich mit der Universaldienstfinanzierung in Belgien zu befassen hatte.

Ausgangsverfahren
Nach belgischem Recht umfasst die "soziale Komponente" des Universaldienstes in der elektronischen Kommunikation die Bereitstellung von "besonderen Tarifbedingungen an bestimmte Kategorien von Begünstigten" (vereinfacht gesagt: Sozialtarife) auch für mobile Kommunikationsdienste und mobilen Internetzugang. Zugleich sind unzumutbare Belastungen, die Unternehmen aus der Erbringung dieses Universaldienstes entstehen, aus einem Fonds auszugleichen, in den alle Erbringer elektronischer Kommunikationsdienste (ab einer bestimmten Umsatzgrenze) einzuzahlen haben. Diese Normen wurden von Mobilnetzbetreibern vor dem belgischen Grondwettelijk Hof (Verfassungsgerichtshof) angefochten; dieses Gericht hatte Bedenken, dass die nationale Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist und richtete ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.

Universaldienstrichtlinie
Der Universaldienst ist nach der Universaldienstrichtlinie 2002/22 (in der Fassung der RL 2009/136) ein Mindestangebot von Diensten, die allen Endnutzern unabhängig von ihrem geografischen Standort und zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung gestellt werden. Dieses Angebot umfasst nach Art 4 der RL den "Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort"; dieser Anschluss "muss Gespräche, Telefaxübertragungen und die Datenkommunikation mit Übertragungsraten ermöglichen, die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen" (weitere Bereiche des Universaldienstes sind Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, Öffentliche Münz- und Kartentelefone und Maßnahmen für behinderte Endnutzer). Artikel 9 der RL sieht schließlich vor, dass die Mitgliedstaaten auch (vereinfacht) Sozialtarife als Universaldienstverpflichtungen festlegen können.

Unzumutbare Belastungen durch die Erbringung des Universaldienstes können nach Art 13 der UniversaldienstRL auf die Betreiber elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste aufgeteilt werden. 

Art 32 der RL ermöglicht es den Mitgliedstaaten, weitere "Pflichtdienste" festzulegen; für diese darf aber keine Beteiligung der Betreiber an der Finanzierung vorgeschrieben werden.

EuGH-Urteil
Das Ergebnis des EuGH ist angesichts der diesbezüglich recht klaren Rechtslage nicht wirklich überraschend. Der EuGH stellt fest, dass 'an einem festen Standort' das Gegenteil von 'mobil' ist (RN 36) und daher "mobile Kommunikationsdienste definitionsgemäß von dem in Kapitel II der Universaldienstrichtlinie festgelegten Mindestangebot an Universaldiensten ausgeschlossen sind, denn deren Erbringung setzt keinen Zugang zu und keinen Anschluss an ein öffentliches Kommunikationsnetz an einem festen Standort voraus. Ebenso ist davon auszugehen, dass Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden, nicht unter dieses Mindestangebot fallen. Hingegen sind Internetabonnements in diesem Mindestangebot enthalten, wenn ihre Erbringung einen Internetanschluss an einem festen Standort voraussetzt." (RN 37) Auch der Finanzierungsmechanismus nach Art 13 der RL bezieht sich dementsprechend nur auf Festnetzdienste. Als zusätzliche Pflichtdienste können mobile Dienste bzw Sozialtaife für mobile Dienste zwar festgelegt werden, dürften aber nicht durch Pflichtbeiträge der Betreiber finanziert werden.

Gleichheitswidrig?
Der belgische Verfassungsgerichtshof hatte auch die Frage gestellt ob "die betreffenden Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie vereinbar [sind] mit dem Gleichheitsgrundsatz, so wie er u. a. in Art. 20 der Charta verankert ist?" Diese Frage beurteilte der EuGH als unzulässig, weil das vorlegende Gericht in seiner Vorlageentscheidung "weder die tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die einen Verstoß gegen den in Art. 20 der Charta verankerten Gleichheitssatz darstellen könnten, noch die Gründe, aus denen ihm die Gültigkeit der Art. 9 und 13 Abs. 1 Buchst. b der Universaldienstrichtlinie fraglich erscheint, angegeben oder erläutert hat."